Gemeinsam Haltung zeigen: Schutz und Stärke für die bayerische Demokratie

Auftakt-Pressekonferenz zur Fraktionsklausur „Zeit, dass sich was dreht!" in Würzburg:
Landtags-Grüne legen 8-Punkte-Plan mit Maßnahmen vor

Benjamin Brückner

19. September 2024

Demokratie ist nicht nur ein politisches System – sie ist eine Lebensweise, deren Grundlage das Engagement der Menschen im Land und gegenseitiger Respekt ist. In Zeiten von Politikverdrossenheit und Vertrauensverlust vieler Menschen in die Politik ist es deshalb wichtiger denn je, Menschen wieder für die Demokratie zu begeistern. Denn Demokratie ist nur so stark wie das Engagement ihrer Bürger*innen für sie. Mit einem 8-Punkte-Plan zeigen die Landtags-Grünen konkrete Maßnahmen auf. 

1. Demokratie Check-Up – Dialog & Beteiligung statt Ansagen von oben 

Wir wollen unnötige Hürden bei der direkten Demokratie aus dem Weg schaffen, ob beim Bürgerentscheid oder beim Volksentscheid. Wir wollen digitale Unterschriftensammlungen sowie eine sogenannte dialogische Bürgerbeteiligung nach dem Vorbild Baden-Württembergs und innovative Beteiligungsmodelle wie etwa Bürgerräte, Bürgerforen oder Bürgergutachten möglich machen. Wir fordern eine Modernisierung des Wahlrechts und wollen das Wahlalter 16 bei Kommunal-, Bezirks- und Landtagswahlen sowie bei Volks- und Bürgerentscheiden einführen. Und wir fordern eine*n am Landtag angesiedelte*n unabhängige*n Bürgerbeauftragte*n, welche*r sich um die Anliegen all jener, die sich von Behörden in Bayern nicht gerecht behandelt fühlen, mediatorisch kümmert. 

2. Die Prüfung des AfD-Verbots vorantreiben! 

Bayern muss dem Vorbild von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen folgen und den gesamten AfD-Landesverband als ‚gesichert rechtsextrem’ einstufen. Die Staatsregierung ist aufgefordert, sich tatkräftig an der länderübergreifenden Materialsammlung für ein Parteiverbot zu beteiligen: Nach dem Vorbild des NPD-Verbotsverfahrens soll Bayern ein unabhängiges wissenschaftliches Institut mit der Analyse der verfassungsfeindlichen Bestrebungen der AfD beauftragen. 

3. Stärkung der politischen Bildung 

Die politische Bildung von Kindern und Jugendlichen muss deutlich intensiviert werden, um die Bedeutung demokratischer Werte und Prozesse zu vermitteln. Wir wollen an allen Schularten ab Jahrgangsstufe 5 einen zweistündigen Politik- und-Gesellschafts-Unterricht pro Woche einführen. Wir wollen Klassenräte und Schulparlamente. Wir wollen die Medienkompetenz von Schüler*innen mehr fördern. Und wir wollen, dass künftig alle bayerischen Schüler*innen mindestens ein Mal in ihrer Schullaufbahn eine Gedenkstätte besuchen.  

4. Zivilgesellschaft schützen und stark machen: 

Demokratie-Botschafter*innen Wir wollen ein staatliches Kampagnen-Programm mit prominenten Demokratie-Botschafter*innen und Identifikationsfiguren aus Kultur, Sport, Wirtschaft und Gesellschaft, die das Thema Demokratie in Projekten, Vorträgen, Planspielen in Schulen, Vereinen, Unternehmen etc. erlebbar machen und für Menschenwürde, Sicherheit, individuelle Freiheit, rechtliche Gleichheit, soziale Gerechtigkeit und Volkssouveränität aktiv und offen einstehen. 

5. Bayerische Strategie gegen Desinformation 

Desinformation wird von vielen Seiten gezielt zur Destabilisierung der Demokratie eingesetzt. Bayern muss dagegenhalten – mit einer generationsübergreifenden Bildungsstrategie für Nachrichtenkompetenz, einer Task Force der Staatsregierung zur Bündelung von Kompetenzen und der Untersuchung neuer Formen von Online-Radikalisierung. Zudem fordern wir ein Transparenzgesetz für bessere Nachvollziehbarkeit staatlicher Entscheidungen. 

6. Demokratie vor Ort erleben – Kommunen unterstützen 

Auf kommunaler Ebene brauchen wir lokale Handlungsstrategien, um demokratiefördernden Vereinen und Bürgerinitiativen den Rücken zu stärken – auch finanziell. Dies gilt auch für mehr Beteiligung von Kindern und Jugendlichen etwa durch Jugendparlamente oder Jugendgemeinderäte. Ebenso wollen wir das Ehrenamt als zentrale Säule des gesellschaftlichen Miteinanders stärken. Persönliche Bedrohungen kommunaler Amts- und Mandatsträger*innen zählen zu den größten Gefahren für die Kommunalpolitik. Wir wollen eine Dunkelfeldstudie zu Straftaten gegenüber kommunalen Amts- und Mandatsträger*innen und Mitarbeitenden der Kommunalverwaltung. 

7. Keine Rechtsextremisten im Öffentlichen Dienst, Resilienz der Justiz stärken 

Wir wollen ein Verfassungstreuegesetz für Bayern. Mitarbeitende der öffentlichen Verwaltung müssen auf dem Boden der Bayerischen Verfassung und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen. Alle Beamt*innen werden verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur Bayerischen Verfassung und zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes zu bekennen. Wir fordern, dass im Recht des Öffentlichen Dienstes Regelungslücken geschlossen werden, insbesondere hinsichtlich der disziplinarrechtlichen Maßnahmen. Wir wollen, dass in Bayern, wie in anderen Bundesländern auch, Richteranklagen möglich sind. 

8. Den Landtag zu den Menschen bringen – Dialog-Wochen des Parlaments 

Wir wollen die Bedeutung der Volksvertretung für Bürger*innen besser sichtbar machen, indem der Landtag künftig zu den Menschen in die Regionen kommt: Von den vorwiegend 3 für Wahlkreisarbeit vorgesehenen acht sogenannten Informationswochen im Landtagsjahr wollen wir vier davon zu „Dialog-Wochen“ machen: Abgeordnete sollen in fraktionsübergreifenden Teams gezielt in eine Region gehen und mit den Menschen vor Ort in Form von Dialogformaten, Bürgersprechstunden, Veranstaltungen etc. in Kontakt treten. 

Statements: 

Johannes Becher, Erster stellvertretender Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Bayerischen Landtag: „Die Demokratie in Bayern wird von den vielen Menschen getragen, die sich im Großen und Kleinen für unsere Gesellschaft engagieren – sei es bei der Freiwilligen Feuerwehr, in der Jugendarbeit oder der Kommunalpolitik. Sie wissen: Demokratie ist kein Selbstläufer, gerade in Zeiten zunehmender Polarisierung und populistischer Strömungen. Nur, wenn wir unsere demokratischen Grundwerte im Alltag bewusst pflegen und weitergeben, bleibt unsere Demokratie stark und widerstandsfähig – für Bayern und weit darüber hinaus.“ „Damit Kinder und Jugendliche ein Bewusstsein für ihre eigenen Rechte und ihre Verantwortung als Bürgerinnen und Bürger entwickeln, braucht es mehr Raum für politische Bildung. Ein Feigenblatt wie das Verfassungsviertelstündchen der CSU reicht dafür nicht aus! Im Vergleich zu anderen Bundesländern erhalten bayerische Schülerinnen und Schüler die wenigste politische Bildung. Daher fordern wir einen zweistündigen Politik- und-Gesellschafts-Unterricht pro Woche ab Jahrgangsstufe 5 an allen Schularten.“ 

Doreen Denstädt, Ministerin für Migration, Justiz und Verbraucherschutz Thüringen: „Unsere demokratischen Prinzipien sind keine Selbstverständlichkeiten. Wir dürfen es nicht dulden, dass sie von Rechtspopulisten, Nationalisten und Rechtsextremen immer wieder infrage gestellt und angegriffen werden. Leider durchdringen Hetze, Drohungen und Gewalt wieder unsere Gesellschaft. Wir sind deshalb gefordert, aktiv und initiativ unser pluralistisches Gemeinwesen und unsere freiheitliche Grundordnung zu schützen! Das gilt heute in gesteigertem Maße." 

Katharina Dröge, Fraktionsvorsitzende Grüne Bundestag: „Russland und andere autokratische Staaten versuchen, massiv Einfluss auf unsere Demokratie und demokratische Wahlen zu nehmen. Die klare Strategie ist, durch die Verbreitung von Desinformationen Einfluss auf Debatten und Diskussionen zu nehmen und die Gesellschaft zu destabilisieren. Es braucht eine gemeinsame Strategie von Bund und Ländern, um Manipulation und Beeinflussung besser zu erkennen und diesen zum Schutz unserer Demokratie entgegenzuwirken.