Bildung | Wissenschaft
Sprachtests der Söder-Regierung schaffen nur weitere Probleme
27. November 2024
Gesetzesentwurf weist eklatante Mängel auf
Die Söder-Regierung schafft hier nur ein neues Bürokratiemonster anstatt echter Hilfen für Kinder. Sie löst damit kein einziges Problem, schafft aber viele weitere.
Seit Jahren kritisieren die Landtags-Grünen, dass es mit der Sprachförderung für Kinder in Bayern zu langsam vorangeht. Doch anstatt dringend notwendiger Verbesserungen wird dieser Gesetzentwurf nun lediglich mehr Aufwand, mehr Kosten und mehr Ausgrenzung zur Folge haben.
Grund: CSU und FW sehen in ihrem Gesetz vor, dass Grundschulen Express-Sprachtests durchführen müssen, Kommunen Datenberge zu Kindergartenkindern zwischen Behörden herumschieben müssen und Kita-Personal Deutsch-Zeugnisse ausstellen muss. Noch kein Kind hat dann ein einziges Wort mehr gelernt. Die Umsetzung der tatsächlichen Sprachförderung soll dabei allein in der Verantwortung der Kommunen und Kitas und der Grundschulen bleiben.
Weiteres Problem: Der Freistaat steuert künftig Millionen Euro für Verwaltungsaufgaben bei, aber für die Sprachförderung selbst wird es nicht mehr Geld geben – obwohl es hier seit langem am nötigen Personal und den nötigen finanziellen Mitteln fehlt.*
Sowohl die kommunalen Spitzenverbände als auch die Kita-Träger und die Verbände der Grundschullehrkräfte haben ihre Kritik und ihre offenen Fragen gegenüber der CSU-FW-Staatsregierung geäußert. Gehört wurden sie nicht.
Die Landtags-Grünen halten die Kritik der Kommunen und Kita-Verbände am Vorhaben der Staatsregierung für begründet. Eine Überarbeitung des Gesetzes gemeinsam mit den Beteiligten wäre notwendig gewesen, doch CSU und FW verweigern eine ernsthafte Beratung. Bei dem Gesetz geht es der Söder-Regierung ganz offensichtlich nicht um Lernfortschritte von Kindern mit Bedarf, sondern nur um das schnelle Abhaken eines TO DOs aus dem Koalitionsvertrag, kritisieren die Landtags-Grünen.
Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen Fraktion, Gabriele Triebel, sagt mit Blick auf das fehlende Personal im Bereich der Sprachförderung:
„Die Söder-Regierung drückt hier einen handwerklich schlechten und unausgereiften Gesetzesentwurf durch. Kommunale Spitzenverbände und Kita-Träger haben CSU und Freie Wähler auf die eklatanten Mängel hingewiesen.“
„Die Staatsregierung ignoriert diese Bedenken und behauptet lapidar, dass weder neue Aufgaben noch neue Ausgaben auf die Kommunen zukommen würden – und das Personal für ausreichende Sprachförderung bereits da sei. Dabei wird das Märchen vom durchschrittenen Tal des Lehrkräftemangels doch immer offensichtlicher! Da genügt ein kurzer Blick auf die wachsenden Überstundenkonten, und Markus Söders Sparmaßnahmen werden die Situation noch weiter verschärfen.“
„Verpflichtende Sprachtests ja, aber dann brauchen wir auch Personal, das unsere Sprache auch vermitteln kann! Mit diesem Gesetz bürdet die Söder-Regierung den Kita-Trägern, den Grundschulen und den Kommunen Arbeit und Kosten auf, die kein bisschen dazu beitragen, dass die Kinder besser Deutsch können. Diese Politik ist verantwortungslos und zukunftsblind!“
Hintergrund:
Bereits heute machen in der Regel alle Kindergartenkinder in Bayern einen Sprachtest – und es ist schon jetzt gesetzlich festgelegt ist, dass Kitas für alle Kinder mit festgestelltem Sprachförderbedarf einen Vorkurs Deutsch oder eine gleich geeignete Sprachfördermaßnahme anbieten müssen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 AVBayKiBiG).
Das Problem: Sehr viele Kinder mit Bedarf erhalten die ihnen zustehende Sprachförderung nicht, weil viele der sogenannten Deutsch-Vorkurse wegen Geld- und/oder Personalmangels entweder nur unregelmäßig oder gar nicht stattfinden oder in zu großen Gruppen angeboten werden, die nicht die nötige Förderung gewährleisten.
Der einzige Unterschied zum neuen Gesetz ist, dass Kinder mit Sprachdefiziten den Vorkurs Deutsch künftig nicht mehr einfach nur angeboten bekommen sollen, sondern zur Teilnahme verpflichtet werden. Klingt gut, nur leider werden ohne entsprechende Maßnahmen auch weiterhin nicht mehr Kurse angeboten werden als es jetzt der Fall ist.
Die Landtags-Grünen fordern daher, mehr Geld in die Infrastruktur zu investieren und mehr Geld für die Sprachförderung an sich bereitzustellen. Andernfalls wird sich für die betroffenen Kinder nichts ändern.
Nach Angaben der Staatsregierung auf eine Anfrage der Landtags-Grünen ist das Angebot an Deutsch-Vorkursen an Grundschulen in den vergangenen Jahren trotz des hohen Bedarfs sogar deutlich zurückgegangen: Demnach wurden 2020/21 insgesamt 9.191 Wochenstunden angeboten, im darauffolgenden Schuljahr ging die Zahl zurück auf 8.737 Wochenstunden und 2022/23 wurden nur noch 7.771 Wochenstunden angeboten. Binnen zwei Jahren gingen Deutsch-Vorkurse an Grundschulen also um mehr als 15 Prozent zurück. Bei den Vorkursen Deutsch an Kitas wiederum hat die Staatsregierung keinerlei Überblick: In ihrer Antwort auf die Anfrage der Grünen teilt sie mit, dass Zahlen zu den Vorkursen Deutsch in Kitas nicht zentral erfasst werden.
Seit vielen Jahren fordern die Landtags-Grünen eine stärkere finanzielle Unterstützung der Kitas, auch im Bereich der Sprachförderung. Um den Personalmangel einzudämmen, müsste die Staatsregierung endlich echte Anstrengungen unternehmen, um die Arbeit in Kitas attraktiver zu machen – beispielsweise durch kleinere Gruppen und Stundenkontingente für Verwaltungstätigkeiten sowie Fortbildungen.
Detaillierte Hintergrundinformationen zur Grünen-Position sowie Schriftliche Anfragen der Grünen zum Thema und die Antworten der Staatsregierung finden Sie hier: