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Wohnungs- und Obdachlosigkeit wirkungsvoll bekämpfen!
Ergebnisse des Runden Tisches
09. Juli 2021
Der traurige Trend zur Wohnungslosigkeit ist seit Jahren ungebrochen. Nach aktuellen Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosigkeit e.V. (BAG-W) waren im Verlauf des Jahres 2018 678.000 Menschen wohnungslos. Sie haben kein Dach über dem Kopf, leben in sozialen Einrichtungen oder bei Freunden, Bekannten oder Verwandten. Die BAG-W schätzt außerdem, dass 41.000 Personen auf der Straße leben. Insgesamt stieg die Zahl der Betroffenen im Vergleich zum Vorjahr um 4,2 Prozent. Auch immer mehr Frauen, Jugendliche und Familien mit Kindern sind wohnungslos. Grund für den Anstieg sind die steigenden Mietpreise sowie der Mangel an bezahlbarem Wohnraum – darunter vor allem die rückläufige Zahl an Sozialwohnungen. Aber auch coronabedingte Einkommenseinbußen bringen Menschen in Bedrängnis, sich ihre Wohnung nicht mehr leisten zu können.
Zur besseren bayernweiten Information und Koordinierung der Akteur*innen auf dem Feld der Wohnungs- und Obdachlosenhilfe wurde von der Staatsregierung im Juli 2018 der Runde Tisch Obdachlosigkeit ins Leben gerufen. Das Gremium dient dem fachlichen Austausch. Ziel ist die Analyse der derzeitigen Situation, die Einschätzung der damit verbundenen Herausforderungen sowie die Suche nach Ansätzen für deren Bewältigung. Auf Antrag der Grünen Landtagsfraktion wurde diese Woche im Sozialausschuss erneut über die bisherigen Ergebnisse des Runden Tisches berichtet. Die vom Runden Tisch eingesetzten Arbeitsgruppen haben zwischenzeitlich Ergebnispapiere mit Handlungsempfehlungen erarbeitet, die sich derzeit aber noch in der finalen Abstimmung mit allen beteiligten Akteur*innen befinden. Dazu gehört auch die Überarbeitung der „Empfehlungen für das Obdachlosenwesen“, die noch aus dem Jahr 1997 stammen. Seitens der Staatsregierung wird bestätigt, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie die Situation auf den Wohnungsmarkt weiter verschärfen und den Kreis der von Wohnungs- und Obdachlosigkeit gefährdeter Personen erweitert. Auf Nachfrage unserer sozialpolitischen Sprecherin, MdL Kerstin Celina, zeigt sich zudem, dass es vor allem an geschlechtergerechten Hilfsangeboten für Frauen mangelt. Aufgrund der klammen Kassen der Kommunen befürchtet Kerstin Celina zudem, dass es den Städten und Gemeinden künftig an ausreichend finanziellen Mitteln für Hilfsangebote zur Wohnungs- und Obdachlosenhilfe fehlen könnte, weshalb sie grundsätzlich eine strukturelle Änderung der Finanzierung der Wohnungs- und Obdachlosenhilfe anregt. Für den wohnungspolitischen Sprecher, Jürgen Mistol, steht fest, dass die Wohnraumversorgung mit einer deutlichen Ausweitung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus und einer sozialen Bodenpolitik gesichert werden muss..
Die Grüne Landtagsfraktion hatte angesichts des wachsenden Bedarfs bereits im Dezember 2020 ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Prävention von Wohnungslosigkeit vorgelegt. Darin fordern wir nicht nur die Ausweitung und regelmäßige Fortschreibung der Datenerhebung zur Wohnungslosigkeit auf Landesebene, sondern auch die Erfassung von Obdachlosigkeit in Form von Straßenzählungen in den größeren bayerischen Städten. Außerdem braucht es mehr Forschungsanstrengungen, um damit das Bild der Ursachen, Erscheinungs- und Verlaufsformen von Wohnungslosigkeit systematisch und stetig - auch im Hinblick auf bestimmte Zielgruppen - sichtbarer zu machen. Das beste Mittel gegen Wohnungslosigkeit ist, sie erst gar nicht entstehen zu lassen. Mit einem „Kümmererprojekt“, das aus einem Netzwerk aus Sozialarbeiter*innen und Immobilienfachleuten besteht, sollen drohende Wohnungsverluste abgewendet und Wohnungen für wohnungslose Menschen akquiriert werden. Um diese und weitere Maßnahmen zu unterstützen, braucht es endlich ein Konzept für einen flächendeckenden Ausbau und für eine kontinuierlichen Förderung der „Fachstellen zur Vermeidung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit“. Die Staatsregierung beschränkt sich aber weiterhin auf Anschubfinanzierung von Modellprojekten im Rahmen des Aktionsplans „Hilfe bei Obdachlosigkeit“ sowie der Stiftung Obdachlosigkeit und sieht die originäre Zuständigkeit bei den Kommunen, weshalb sie unseren Antrag abgelehnt hat. Aber wir lassen nicht locker. Sobald die Handlungsempfehlungen des Runden Tisches vorliegen, werden wir die Anstrengungen der Staatsregierung in der Wohnungs- und Obdachlosenhilfe erneut auf den Prüfstand stellen.