Bürokratie macht Schulobst madig!

<p><strong>Es ist eine tolle Sache, das "EU-Schulobst- und Schulgemüseprogramm": Kindertagesstätten sowie Grund- und Förderschulklassen in den Jahrgangsstufen 1 bis 4 können sich dafür bewerben, einmal in der Woche frisches Obst und Gemüse geliefert zu bekommen.</strong> Für jedes Kind gibt´s einen Normwert von 100 Gramm Obst oder Gemüse. Lieferant kann ein Supermarkt sein, der örtliche Biobauer oder ein Obstgroßhändler – den Lieferanten dürfen sich die Kitas und Schulen selbst aussuchen. Finanziert wird das Programm zu 75% von der EU und zu 25% vom Freistaat Bayern.

17. April 2015

Das Geld bekommen die Lieferanten dann von der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) ausbezahlt. Für die Einstellung dieses Geldes im Bayerischen Staatshaushalt, also den 25%-Anteil des Freistaates, haben sich alle Parteien einmütig ausgesprochen. Denn es ist eine tolle Sache, das „EU-Schulobst- und Schulgemüseprogramm“ – wenn nur die Bürokratie nicht wäre...

Die Lieferanten müssen – anders als in der freien Wirtschaft üblich – immer erst drei Monate lang, das sind so genannte Schulquartale, jede Woche (außer in den Schulferien) liefern, ehe sie einen Anspruch auf Bezahlung haben. Erst nach den drei Monaten Belieferung können sie dann einen Antrag auf Auszahlung ihres Geldes an die LfL stellen. Im Antrag muss stehen, wann welche Einrichtungen (Kitas und Schulen) beliefert wurden, an wie viele Kinder, welches Obst oder Gemüse und welche Menge geliefert wurde. Bis das Geld ausbezahlt wird, kann es kann dann nochmal bis zu 50 Tagen dauern, denn die Anträge werden von der LfL erst einmal intensiv geprüft. Derzeit nehmen über 3.000 Einrichtungen in Bayern an dem Programm teil – eine schöne Zahl -, was aber pro Abrechnungsquartal über 40.000 Einzelprüfungen durch die LfL nach sich zieht. Es wird bei jedem Antrag geprüft, ob es die belieferte Einrichtung überhaupt gibt, wie viele Kinder in den Einrichtungen tatsächlich sind, ob wöchentlich geliefert wurde, ob auch nur die zugelassenen Obst- und Gemüsesorten geliefert wurden und ob es tatsächlich pro Kind nicht weniger als 100 Gramm waren. Das bedeutet, dass die Lieferanten massiv in Vorleistungen gehen müssen, ehe sie erst Monate später ihr Geld bekommen. Das kann für einen großen Lebensmittelhändler undramatisch sein, ein kleiner Biobetrieb kommt dabei oft an seine finanziellen Grenzen. Deshalb kommt es vor, dass sich gerade kleine regionale Betriebe an diesem Programm nicht beteiligen. Also genau diejenigen, die eigentlich mit diesem Programm auch unterstützt werden sollen – neben dem Ziel der gesunden Ernährung für die Kinder.

Gisela Sengl, agrarpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion: „Auch wir haben mit unserem Biobetrieb an diesem Programm teilgenommen. Das haben wir natürlich sehr gerne getan, da es uns eine Herzensangelegenheit ist, Kinder mit guten und gesunden Lebensmitteln zu versorgen. Aber die Bürokratie hat uns manchmal die Lust an der Sache verlieren lassen.“

Um die Bürokratie abzubauen und die Betriebe finanziell zu entlasten, hat Gisela Sengl im Landwirtschaftsausschuss des Landtages einige Maßnahmen vorgeschlagen:
So könnten Betrieben, die schon länger und zuverlässig am Programm teilgenommen haben, pauschale Vorauszahlungen ohne Prüfung jedes einzelnen Antrags erhalten, um ihre Ausgaben zeitnah erstattet zu bekommen. Das entlastet zudem auch die LfL.
Der „Normwert“ von 100 Gramm Obst oder Gemüse pro Kind könnte in einen Richtwert umgewandelt werden, damit der Aufwand vor der Lieferung verringert wird – bisher ist jedes Mal ein exaktes Abwiegen der Portionen notwendig.
Bis letztes Jahr war es möglich, dass mehrere Lieferungen zusammengefasst wurden – jetzt muss jede wöchentliche Lieferung einzeln beantragt werden. Dies muss rückgängig gemacht werden, da es einen immensen Verwaltungsaufwand für die Betriebe bedeutet.
Die Lieferbetriebe sollen ihr Geld auch dann bekommen, wenn ohne ihr Wissen die Zahl der Kinder in einer Kita abgenommen hat, die Betriebe aber dieselbe Menge liefern wie zuvor - bisher bekommen sie die zu viel gelieferte Menge nicht erstattet.

Gisela Sengl: „Das EU-Schul- und Gemüseprogramm ist ganz klar in unserem Sinne. Gesunde Ernährung für Kinder, möglichst bio, kombiniert mit der Unterstützung regionaler Betriebe, ist eine wirklich gute Sache. Wenn die Staatsregierung jetzt unsere Vorschläge aufnimmt und umsetzt, damit die Betriebe auch wirklich was davon haben und von der Bürokratie entlastet werden, kann das eine echte Erfolgsgeschichte werden. Dann sollte das Programm unbedingt auch auf weiterführende Schulen ausgeweitet werden.“

Eine weitere Forderung der Grünen bezieht sich auf die Kitas: Hier bekommen nur Kinder ab 3 Jahren die Obst- und Gemüserationen. Laut Auskunft der Staatsregierung dürfen Kinder unter 3 Jahren gerne mitessen, wenn die „Großen“ teilen. Die Grünen fordern, dass auch Kinder unter 3 Jahren Obst und Gemüse bekommen.