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Demokratiebildung stärken – Grüne Maßnahmen umsetzen
Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern mit großen Lücken bei Themen Demokratiebildung und Maßnahmen gegen Antisemitismus
09. November 2023
Unsere Demokratie ist nicht selbstverständlich und sie steht von vielen Seiten unter Druck. Wir Grüne warnen schon lange davor, dass sich in Teilen der Gesellschaft eine demokratiefeindliche Haltung verfestigt. Zudem brauchen wir eine klare Front gegen jede Form des Antisemitismus. Das lehren die aktuellen Geschehnisse in Israel und die judenfeindlichen Demonstrationen in deutschen Städten – sie sind eine Mahnung und verlangen eine klare Haltung der Politik.
In dieser Woche jährt sich zudem ein historischer Angriff auf die Demokratie: Vor 100 Jahren wollte sich Hitler an die Macht putschen. Er scheiterte. Doch nur eineinhalb Jahrzehnte später war er am Ziel – und die Demokratie tot. An das unerträgliche Leid, das daraus entstand, erinnert ebenfalls in dieser Woche eine Gedenkveranstaltung in der KZ-Gedenkstätte Dachau. Denn mit den Novemberpogromen in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 vollzog das Regime der Nationalsozialisten den Schritt vom Diskriminieren zum systematischen Vernichten deutscher und europäischer Jüdinnen und Juden.
Die große Aufgabe unsere Demokratie zu schützen verliert nie an Aktualität – das zeigt die Geschichte und das zeigen leider auch die Schlagzeilen dieser Tage. Die bayerische Staatsregierung muss diese Aufgabe annehmen. Doch der Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern hat gerade bei den wichtigen Themen Demokratiebildung und Maßnahmen gegen Antisemitismus deutliche Lücken. Schlimmer: Die beiden Partner in dieser Kraftlos-Koalition versichern sich in ihrem Koalitionsvertrag erst einmal gegenseitig, dass sie mit beiden Beinen fest auf demokratischen Boden stehen. Das ist bedenklich und traurig.
Wir Landtags-Grüne fordern die Staatsregierung daher auf, konsequente Schritte einzuleiten. Sie muss:
- Eine Meldestelle Antisemitismus für Schulen etablieren: Bereits 2021 hat die Kultusministerkonferenz, die Bund-Länder-Kommission der Antisemitismusbeauftragten und das Präsidium des Zentralrats der Juden in Deutschland beschlossen, dass es wichtig ist, „ein geeignetes Monitoring für antisemitische Vorkommnisse in den Ländern zu etablieren, um Vorfälle sichtbar zu machen, Präventionsmaßnahmen gezielter zu steuern sowie Handlungsperspektiven abzuleiten“. Wir Landtags-Grüne haben in den vergangenen fünf Jahren die Staatsregierung wiederholt aufgefordert, eine unabhängige „Meldestelle für antisemitische Vorfälle an Schulen“ einzurichten. Die Schulen wären dann verpflichtet, Vorfälle auch unterhalb der Schwelle der Strafbarkeit zu melden.
- Aus- und Fortbildungsangebote zum Thema Antisemitismus für pädagogisches Personal an Schulen noch stärker ausweiten: Der Bedarf an Fortbildungen ist nach wie vor deutlich größer als das bisherige Angebot. Hier muss nachgebessert werden.
- Dafür sorgen, dass aktualisierte Lehrmaterialien mit passenden Inhalten und Lehrpläne, die ausreichend Zeit für Demokratiebildung und Vermittlung von Wissen über jüdisches Leben vorsehen, zur Verfügung stehen. Bisher beschränkt sich die Wissensvermittlung fast ausschließlich auf die Shoah. Wir sehen daher einen großen Bedarf, die Geschichte des Judentums, die israelische Gesellschaft und das Thema Antisemitismus sowohl in der Lehrkräftebildung und -fortbildung als auch in den Lehrplänen und Schulbüchern zu verankern.
- Demokratiebildung im Sinne der Schüler*innenpartizipation an Schulen stärken: Unsere Kinder sollen mündige Bürgerinnen und Bürgern werden und das schon in der Schule leben. Jedes Schüler*innenparlament, bei dem Kinder Schulentscheidungen mit treffen, hilft. Das ist wertvoller, als in einer Druckbetankung 15 Minuten pro Woche über die Verfassung zu reden. Bayern belegt seit fünf Jahren den letzten Platz beim Thema politische Bildung. Die jetzt im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen werden daran nichts ändern.