Demokratie | Gegen Rechts
Dokumentation zur Veranstaltung „Sicherheit neu denken“
Umstieg von militärischer zu ziviler Sicherheitspolitik
12. Juni 2019
Mit Besuchern dicht gefüllt war der große Saal im Bayerischen Landtag, in dem die Vortragsveranstaltung zum Thema „Sicherheit neu denken“ stattfand. Das Szenario der Evangelischen Landeskirche zeigt den „Weg zu internationalem Frieden über Krisenprävention, Konfliktlösung, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, gerechtem Wirtschaften und vielem mehr“ auf. In ihrer Einführung ging Gastgeberin Anne Franke, friedens- und forschungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bayerischen Landtag, auf die aktuelle weltpolitische Lage ein – und auf das, was aus Grüner Sicht daraus folgt: „213 gewaltsame Konflikte werden momentan weltweit ausgetragen. Wir wollen Krisenprävention massiv stärken und zivile Konfliktlösungsstrategien voranbringen, damit Leid und Elend aus militärischen Auseinandersetzungen endlich ein Ende finden. „Sicherheit neu denken“ ist ein Szenario, das zeigt, wie wir unser Ziel erreichen können.“
Anne Franke machte eingangs deutlich, inwiefern ihre Themen Frieden und Forschung gerade in dieser Kombination Chancen für politische Weichenstellungen in Bayern eröffnet: „Wissenschaft und Forschung sind Landesaufgaben – auf diese Weise können wir das Thema Frieden auf Landesebene etablieren.“ Sie berichtete von ihren Initiativen in diesem Bereich, etwa von dem aktuellen Antrag, einen Wettbewerb für Universitäten und Hochschulen auszuloben, um einen Lehrstuhl Friedens- und Konfliktforschung in Bayern einzurichten. Ein zweiter Antrag wird darauf zielen, ein außeruniversitäres Institut für Konfliktprävention und -bearbeitung zu schaffen. Ein Aspekt, der Anne Franke zudem wichtig ist, ist der gesellschaftliche Zusammenhalt: Es gilt, den Frieden auch innerhalb der Gesellschaft zu stärken – durch das Prinzip gewaltloser Kommunikation.
Hauptredner des Abends war Ralf Becker, seit April dieses Jahres Projektkoordinator „Sicherheit neu denken“ der Badischen Landeskirche. Der Wirtschaftswissenschaftler ist seit vielen Jahren in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit und nachhaltiges Wirtschaften engagiert. Unter anderem hat er die Kampagne www.erlassjahr.de mit dem G8-Gipfel-Beschluss 1999 in Köln zur Entschuldung der 40 höchst verschuldeten Entwicklungsländer mitentwickelt und begleitet. Er hat den Aufbau und die Vernetzung von 100 Initiativen zum Aufbau von Regionalgeld im deutschsprachigen Raum begleitet und von 2004 – 2008 am Club-of-Rome-Bericht „Money and Sustainability“ mitgewirkt. Becker ist zudem seit zehn Jahren Koordinator des Vereins gewaltfrei handeln e.V., einem Pionier der Fort- und Ausbildung ziviler Friedensfachkräfte. An der Erarbeitung des Szenarios „Sicherheit neu denken“ der Badischen Landeskirche hat Becker maßgeblich mitgewirkt.
Grundgedanke des Szenarios: Ein kompletter Umstieg von der militärischen zu ziviler Sicherheitspolitik ist möglich. Das Szenario lädt dazu ein, eine Zukunft zu denken, in der wir pro Jahr 70 Milliarden Euro in die zivile Krisenprävention anstatt in die Bundeswehr investieren. Grundlage sind bereits erprobte und realisierte Instrumente ziviler Prävention, gerechtes Wirtschaften, die Förderung nachhaltiger Entwicklung im Nahen Osten und Afrika sowie eine Wirtschafts- und Sicherheitspartnerschaft mit Russland bzw. der Eurasischen Wirtschaftsunion.
So könnte die OSZE zur polizeilichen Sicherheitsorganisation für Europa ausgebaut und die Bundeswehr komplett zum Technischen Hilfswerk transformiert werden.
Das Szenario zeigt auf, wie wir erprobte Instrumente gewaltfreier Krisenprävention konsequent weiter entwickeln und uns der Möglichkeit einer aktiven gewaltfreien Sicherheitspolitik öffnen können. Und es beschreibt, wie durch eine gemeinsame Kampagne der Zivilgesellschaft und der Kirchen entsprechende Bundestagsbeschlüsse im Jahr 2025 und 2035 vorbereitet werden könnten.