Demokratie | Gegen Rechts
Grünen-Anfrage: Antisemitische Straf- und Gewalttaten weiter auf extrem hohem Niveau

10. April 2025
Staatsregierung muss gegen Antisemitismus klarere Signale setzen!
„Es darf nicht sein, dass sich unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in Bayern unsicher fühlen. Doch leider besorgen die nun schon seit mehreren Jahren anhaltend hohen Zahlen antisemitischer Straf- und Gewalttaten im Freistaat zutiefst“, sagt Cemal Bozoğlu, Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus der Landtags-Grünen. „Die Staatsregierung muss endlich starke Signale setzen und sich insbesondere auf die Gefahr aus dem Rechtsextremismus und den israelbezogenen Antisemitismus konzentrieren. Wir brauchen in Bayern eine konsequente Erfassung, Bekämpfung und Verfolgung dieser Taten mit allen rechtsstaatlich zur Verfügung stehenden Mitteln. Noch immer verlaufen zu viele Ermittlungsverfahren im Sande oder enden mit einer Einstellung.“
Aus einer aktuellen Anfrage der Landtags-Grünen (Anhang) geht u.a. hervor:
Im Jahr 2024 wurden in Bayern 579 antisemitische Straftaten registriert. Damit bleibt die Zahl der angezeigten Delikte auf ähnlich hohem Niveau, wie im Rekordjahr 2023 (589 Taten). Damit hält der deutliche Anstieg der Taten seit dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel im Oktober 2023 weiter an. In Bayern wurden noch nie so viele antisemitische Delikte registriert wie in den vergangenen zwei Jahren.
Die Zahl der antisemitischen Gewalttaten ist 2024 deutlich gestiegen auf 23 Taten mit insgesamt 27 Opfern. 15 Hassverbrechen waren es 2023.
Die Mehrzahl, nämlich 321 Straftaten, also 55 Prozent aller antisemitischen Straftaten werden dem rechtsextremen Bereich zugeordnet. Extrem gestiegen ist allerdings auch die Zahl der Delikte die dem Bereich „ausländische Ideologie“ zugeordnet werden. Dieser Wert hat sich 2024 verdoppelt, was ebenfalls auf den gestiegenen israelbezogenen Antisemitismus seit dem Hamas-Überfall zurückzuführen sein dürfte.
Insgesamt konnten 2024 bei antisemitische Straf- und Gewalttaten 426 Täter und Täterinnen ermittelt werden. Die Aufklärungsquote beträgt 62 Prozent. 938 Verfahren waren bei bayerischen Staatsanwaltschaften anhängig. In 190 Fällen kam es zu einer Verurteilung, meist zu Geldstrafen. 460 Verfahren endeten mit einer Einstellung.
13 Straftaten richteten sich gegen jüdische Einrichtungen oder Synagogen. Die meisten Fälle wurden in München registriert. Es waren aber auch je zwei Fälle aus Nürnberg und Augsburg dabei.
„Die Zahlen sind schockierend und ein weiteres Alarmsignal“, sagt Gabriele Triebel, Sprecherin für Bildung und Expertin für Religion und Erinnerungskultur. „Die Staatsregierung muss jetzt auch in der Bildungsarbeit klare Signale setzen, von der Schule über die Lehrkräfteausbildung bis zu Fortbildungen etwa in der staatlichen Verwaltung. Denn im Kampf gegen Antisemitismus ist Politische Bildung ein zentrales Instrument. Sie schafft Wissen und ein Bewusstsein zu den Hintergründen von Antisemitismus, sie entlarvt Vorurteile, Feindbilder und Verschwörungsmythen.“
Gülseren Demirel, Sprecherin für Integration: „Diese weiterhin gravierende antisemitische Hetze und die Übergriffe auf unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger dürfen in Bayern nicht länger ohne entschiedene Folgen bleiben. Die Staatsregierung muss ein Stoppschild zeigen, indem sie endlich den Schutz des jüdischen Lebens und der jüdischen Kultur und den Kampf gegen Antisemitismus als Staatsziel in die bayerische Verfassung aufnimmt!“
Die Landtags-Grünen fordern:
- Der Schutz des jüdischen Lebens und der jüdischen Kultur sowie der Kampf gegen Antisemitismus sollen als Staatsziel in die bayerische Verfassung aufgenommen werden.
- Die konsequente Erfassung, Bekämpfung und Verfolgung antisemitischer Straf- und Gewalttaten mit allen rechtsstaatlich zur Verfügung stehenden Mitteln.
- Die technischen und personellen Maßnahmen zum Schutz jüdischer Einrichtungen und Synagogen müssen weiter verstärkt werden.
- Die historisch-politische Bildungsarbeit und die Vermittlung demokratischer Werte an bayerischen Schulen muss weiter ausgebaut werden. Antisemitismusprävention muss verpflichtender Bestandteil der Lehrkräfteausbildung werden und jüdisches Leben vor allem vor der Zeit des Nationalsozialismus muss im Schulunterricht eine viel größere Rolle spielen.
- Wir Grüne im Bayerischen Landtag haben in den vergangenen fünf Jahren die Staatsregierung wiederholt in Anträgen aufgefordert, eine unabhängige „Meldestelle für antisemitische Vorfälle an Schulen“ einzurichten.
- Das zivilgesellschaftliche Engagement gegen Antisemitismus und die Antisemitismusprävention in der außerschulischen Bildungsarbeit müssen umfassend gefördert werden.
- Die Förderung einer demokratischen Erinnerungskultur und einer vielfältigen Gedenk- und Erinnerungsarbeit durch die bayerischen Gedenkstätten und zivilgesellschaftlichen Bildungsträger.
ZUM DOWNLOAD:
Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse aus der Antwort auf die Grünen-Anfrage