Runder Tisch Bürgerentscheide

Update der direkten Demokratie in Bayern

23. Juli 2024

Wir Landtags-Grüne waren beim ersten runden Tisch über eine Reform der Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in der Staatskanzlei dabei und haben unsere Forderungen eingebracht. Unterstützt werden sie von ADFC, BUND Naturschutz und auch von MEHR DEMOKRATIE e.V.. 

DEMOKRATIE STÄRKEN STATT ABBAUEN! 

Katharina Schulze: “Für den Runden Tisch zur Weiterentwicklung von Bürgerentscheiden haben wir Grüne viele konkrete Ideen im Gepäck. Klar ist: Demokratieabbau ist mit uns nicht zu machen, wir wollen ein Update der direkten Demokratie in Bayern, dass den Bürgerinnen und Bürgern nützt. Weiterentwicklung statt Abwicklung ist unser Ziel. Konkret wollen wir die Mitbestimmung erleichtern: Unterschriftensammlungen müssen auch digital möglich sein, die Wahl bei Bürgerentscheiden soll bereits ab dem 16. Lebensjahr möglich sein und die Menschen vor Ort brauchen endlich mehr Zugang zu Akten staatlicher Behörden, um sich bei Entscheidungen ein besseres Bild machen zu können. Besonders wichtig ist uns, dass Bürger*innen mit ihrer Kompetenz frühzeitig eingebunden werden: Nach dem Vorbild von Baden-Württemberg wollen wir Bürgerdialoge und Online-Beteiligungsplattformen etablieren, um ausgewogene und passgenaue Lösungen statt starre Ja-Nein-Entscheide zu entwickeln.“  

  

Katharina Schulze:In Zeiten von Politikverdrossenheit und Vertrauensverlust vieler Menschen in die Politik ist es wichtiger denn je, Menschen direkt an politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Ob beim Bau von Windrädern, der Sanierung des Freibads, dem Erhalt der Dorfgrundschule oder der Planung einer Umgehungsstraße – wenn Bürgerinnen und Bürger an Entscheidungen beteiligt werden, die sie unmittelbar betreffen, steigt die Akzeptanz und die Bereitschaft, sich politisch zu engagieren. Eine moderne direkte Demokratie erfordert von den Bürgerinnen und Bürgern, sich intensiv mit politischen Themen auseinanderzusetzen und erlaubt ihnen gleichzeitig, innovative Lösungen und neue Perspektiven in die Debatte einzubringen – dafür setzen wir Grüne uns ein.“ 

 

FORDERUNGEN   

In Bayern ist der Bürgerentscheid das Herzstück der direkten Demokratie: Die Bürger*innen können über Angelegenheiten im eigenen Wirkungskreis ihrer Gemeinde oder ihres Landkreises abstimmen. Die Bürger*innen Bayerns haben den Bürgerentscheid im Jahr 1995 durch das Volksbegehren “Mehr Demokratie in Bayern: Bürgerentscheide in Gemeinden und Kreisen” selbst eingeführt. Ein breites gesellschaftliches Bündnis erreichte gemeinsam den ersten erfolgreichen Volksentscheid in der Geschichte Bayerns und verankerte die Instrumente des Bürgerbegehrens und Bürgerentscheids in die Bayerische Verfassung und die kommunalen Ordnungen. Bürgerentscheide sind bei den Menschen beliebt, sie weisen oft eine hohe Wahlbeteiligung auf. Sie stärken die Demokratie auf lokaler Ebene und geben den Bürgern eine aktive Rolle bei politischen Fragen.  

Doch klar ist auch: Die verschiedenen Elemente der Mitbestimmung in Bayern brauchen dringend ein Update, da derzeit viele Hindernisse das Engagement der Bürger bremsen. Mehr Bürgerbeteiligung fördert das Vertrauen in die politischen Prozesse und ermöglicht es den Menschen, ihre Anliegen direkt einzubringen. Gleichzeitig müssen wir sicherstellen, dass wichtige Großprojekte, die dem Gemeinwohl dienen, nicht durch lokale Bürgerbeteiligung ausgebremst werden.   

Wir wollen die Bürgerbeteiligung in Bayern so gestalten, dass wir eine ausgewogene Balance zwischen frühzeitiger Bürgerbeteiligung und zielgerichteter Umsetzung erreichen. Unser Ziel ist es, eine neue Kultur demokratischer Mitbestimmung zu etablieren. Denn: Wichtige Modernisierungsprojekte wie die Energiewende gelingt nur mit den Menschen, nicht gegen sie.   

 

An vier Stellen setzen wir an:     

Update für die direkte Demokratie in Bayern   

Wir wollen Bürger- und Volksentscheide im Sinne der Bürgerfreundlichkeit verbessern, allen voran durch mehr Informationsrechte für die Bürger*innen gegenüber der Verwaltung. Nötig ist bspw. angesichts der bestehenden rechtlichen Hürden auf dem Weg zu einem erfolgreichen Bürgerentscheid eine bessere und verpflichtende Beratung von Initiator*innen eines Bürgerbegehrens. Außerdem sollten die Verfahren vereinfacht werden, insbesondere beim Sammeln der Unterstützungsunterschriften muss endlich eine digitale Unterschriftensammlung ermöglicht werden. Eine Wahlberechtigung bei Bürger- und Volksentscheiden ab 16 Jahren wäre für uns ein Schritt, um Mitbestimmung schon im Jugendalter erlebbar zu machen.  

  

Frühzeitig miteinander statt später gegeneinander: Dialogische Bürgerbeteiligung 

Wir brauchen mehr ausgewogene Lösungen statt Ja-Nein-Entscheidungen und deshalb mehr modernere Beteiligungsformen. Mit Bürgerdialogen und (digitalen) Beteiligungsplattformen bekommen alle Menschen die Chance, sich aktiv in politische Entscheidungsprozesse einzubringen. Vorbild ist Baden-Württemberg mit seiner Mitwirkungsgesellschaft. Eine frühzeitige Einbindung der Bürger*innen führt oft zu versöhnlichen Lösungen und verhindert die „Frontstellung“ zweier Gruppen bei Entscheiden. Vorstellbar sind neben Bürgerforen auch weitere Formen der dialogischen Bürgerbeteiligung wie zum Beispiel Bürgerräte ((inklusive „Zufallsbürger“: so kommen auch die Stillen zu Wort). 

   

Transparenz und Informationsfreiheit  

Bayern ist eines der letzten Bundesländer ohne ein Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetz (IFG oder TG). Fürs Mitmachen und Mitbestimmen brauchen die Bürger*innen aber belastbare Informationen. Durch den Zugang zu amtlichen Informationen können Bürgerinnen und Bürger besser informierte Entscheidungen treffen, möglicherweise Missstände erkennen und sich aktiv an politischen Prozessen beteiligen. Die “Cum-Ex”-Geschäfte sind ein bekanntes Beispiel dafür, wie eine erfolgreiche IFG-Anfrage, die einen Missstand aufdeckte.  

 

Modernes Planungsrecht - schnell, transparent und bürgernah 

Auf Bundesebene haben wir Grüne bereits zahlreiche Maßnahmen zur Beschleunigung und Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsverfahren auf den Weg gebracht. Diesen Weg wollen wir auf Landesebene fortsetzen. Gut ausgestaltete digitale Verfahren bieten die große Chance, Transparenz von Planungsverfahren zu erhöhen, Bürgerinnen und Bürger umfassend zu beteiligen und Planungen nachhaltig zu beschleunigen. Die Kommunen werden wir bei digitalen Beteiligungsformaten bei der Bauleitplanung und auf dem Weg hin zum „virtuellen Bauamt“ unterstützen. Mit einer neuen Kultur des Verwaltungshandelns wollen wir Bürokratie abbauen sowie effizientere und frühere Bürgerbeteiligung ermöglichen. Im Gegenzug schaffen wir schlankere Genehmigungsverfahren ohne Doppelprüfungen und mehr Rechtssicherheit für Projekte.