Energie

Drei Fragen an Martin Stümpfig

<p>Herr Stümpfig, am Montag entscheidet der Bayerische Verfassungsgerichtshof über die Rechtmäßigkeit der so genannten 10H-Regel, wonach Windkrafträder in Bayern den zehnfachen Abstand ihrer Nabenhöhe zur nächsten Wohnbebauung haben müssen. Die Grünen haben hiergegen geklagt. Was ist Ihre Kritik?<br>&nbsp;

06. Mai 2016


Martin Stümpfig: „Mindestabstände können sinnvoll sein, um mögliche Beeinträchtigungen der Bürgerinnen und Bürger – etwa durch Schattenwurf – zu vermeiden. Besser als eine starre gesetzliche Norm sind jedoch projektbezogene Einzelfallprüfungen. Bislang war in strittigen Fällen 3H bundesweit geübte Praxis. Horst Seehofer hat mit der völlig willkürlich gewählten und nirgends schlüssig begründeten 10H-Abstandsregel den Windkraftausbau in Bayern faktisch zum Erliegen gebracht. Und er hat das Klima für die Windkraft vergiftet. Sein öffentlicher Feldzug gegen Windkraftanlagen hat die Menschen regelrecht aufgewiegelt.“
 
…das heißt neben der rein rechtlichen Wirkung hat die 10H-Regel Ihrer Ansicht nach auch gesellschaftliche Auswirkungen?
 
Martin Stümpfig: „Bis zu Seehofers Anti-Windkraft-Kampagne ging der Ausbau der Windkraft in Bayern gut voran – oft klassisch mit Bürgerenergiegesellschaften, getragen also von den Menschen in den Kommunen. Heute gibt es unabhängig von der 10H-Regel gegen immer mehr Windrad-Projekte massiven Widerstand vor Ort. Oft geht es dabei gar nicht um mögliche Beeinträchtigungen durch die Anlagen sondern um den alten Konflikt zwischen Befürwortern und Gegnern der Energiewende. Das ist ein klassischer Stellvertreterkrieg.“
 
Und was erwarten Sie sich nun von dem Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshof an diesem Montag?
 
Martin Stümpfig: „Die CSU-Regierung konnte – selbst auf Nachfrage der Richter – nicht begründen, welche sachlichen Kriterien den Faktor zehn bei ihrer Abstandsregelung rechtfertigen. Aus meiner Sicht war das schon der Konstruktionsfehler bei der Gesetzgebung. Es gibt keinen Anhaltspunkt, wie die Richter entscheiden werden – aber ich hoffe sehr, dass das Gericht die 10H-Regel kippt und sauberer Strom in Bayern wieder Rückenwind erhält!“