Umwelt | Natur

Was auf uns zukommt

Dokumentation des Fachgesprächs über Klimafolgen in Franken in Nürnberg (3.3.2018)

15. März 2018

Unter dem Titel „Was auf uns zukommt“ referierten am Samstag, den 3. März 2018 in Nürnberg Expertinnen und Experten über die Klimafolgen in Franken.

Der klimapolitische Sprecher der Landtags-Grünen, Martin Stümpfig gab eine Bestandsaufnahme zur aktuellen Klimapolitik und einen Ausblick auf die notwendigen klimapolitischen Weichenstellungen: Seit 1990 hat die CSU-Staatsregierung lediglich eine CO2 Reduktion von 7,6% erreicht. Mit den von ihr gesteckten Zielen wird eine Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels von Paris niemals möglich sein. Die Staatsregierung weigert sich eine umfassende Klimabilanz zu erstellen und vernachlässigt alle nicht-energiebedingten Emissionen, die jedoch 25% der Gesamtemissionen ausmachen.
Vortrag von Martin Stümpfig als PDF


In Zukunft Wein statt Bier?
Die Institutsleiterin der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Frau Dr. Annette Freibauer, begann ihren Vortrag mit der Frage, ob wir uns möglicherweise in der Zukunft auf Wein statt Bier einstellen müssen. Hintergrund ist die starke Anfälligkeit des Hopfenanbaus für Stürme, Hagel und Starkregen. Ganze Ernten können ausfallen. Um 100 mm Niederschlag – also rund 1/3 -  wird laut den Prognosen der Sommerniederschlag in Franken zurückgehen. Dies wird den bisherigen Anbau stark verändern. Wir brauchen andere Sorten – die Gerste ist z.B. sehr trockenresistent. In der Forstwirtschaft gilt es die Wahl der Baumarten genau abzuwägen. Bei einer Umtriebszeit von 80-140 Jahren brauchen wir Bäume, die mit dem Klima in den Jahren 2100 bis 2150 zurechtkommen. Ihre Empfehlung: mazedonische Bäume anpflanzen.

Erosion
Ein wichtiger Punkt ihrer Arbeit ist der Erosionsschutz. Die Erosion hat sich durch den starken Maisanbau seit 1970 bereits verdoppelt. Durch zunehmende Starkregenereignisse wird sie sich bei Fortführung der derzeitigen Anbaumethoden bis 2050 nochmals verdoppeln. Deshalb müssen erosionsschonende Methoden angewandt werden – wie beispielsweise die Mulchsaat. Einen ungelösten Konflikt sah Frau Freibauer im Verzicht auf Glyphosat und der Verstärkung der Mulchsaat. Zwischenfrüchte sind zur Abdeckung des Oberbodens beim Maisanbau dringend notwendig. Wenn diese im Winter nicht abfrieren, könne der Landwirt beim Verzicht auf Glyphosat nur unterpflügen. Der Oberboden sei dann wieder ungeschützt. In der Diskussion war dies im Anschluss ein sehr strittiger Punkt. Einig war man sich wieder, dass auf die Landwirtschaft gewaltige Umwälzungen zukommen. Die vergangenen Jahre waren hier Vorboten. Häufig auftretende Dürrezeiten, Starkniederschläge und Stürme werden Mitte des Jahrhunderts "normal" sein.
Vortrag von Frau Dr. Freibauer als PDF


Klimaveränderung und Wasserwirtschaft
Dr. Peter Pluschke, Umweltreferent der Stadt Nürnberg, erläuterte die Studien von Bayern, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Diese sog. KLIWA-Studien zeigen unter anderem einen Anstieg der heißen Tage mit über 30° Celsius. In Nürnberg werden sie von 40 Tagen im Jahr 2020 auf 81 Tage im Jahr 2100 zunehmen. Enorm wichtig ist die Freihaltung von Frischluftschneisen. Dem Pegnitztal mit einem Kaltluftstrom von 1800 m3/s kommt hier eine herausragende Bedeutung zu. Aber große Bereiche in der sehr dicht bebauten Innenstadt werden trotzdem nicht erreicht.
Der Masterplan Freiraumgestaltung der Stadt Nürnberg ist abgeschlossen und im Internet eingestellt. Zwei bis drei neue Parkanlagen sollen entstehen, Brunnen werden wieder zum Leben erweckt, Dach- und Fassadenbegrünung wird gefördert. Die Maßnahmen sind im Handbuch Klimaanpassung zusammengefasst.
Sorge bereitet Herrn Pluschke die sehr begrenzten Möglichkeiten, um große Bäume neu zu pflanzen. Das ganze Erdreich ist voll mit Leitungen und Rohre. Da ist meist kein Platz für einen Baum.
Vortrag von Herrn Pluschke als PDF


Schäden durch Aufladung der Erdatmosphäre mit Energie
Den Abschluss bildete Herr Dr. Eberhard Faust von der Münchner Rückversicherung, der als einer der wenigen deutschen Autoren am IPCC- Bericht (IPCC = Weltklimarat) mitgeschrieben hat. Das Jahr 2017 war aus der Sicht eines Versicherers ein negatives Rekordjahr. So hohe Schäden sind noch nie in einem Jahr aufgelaufen. Schwierig ist es die Schäden vergleichbar zu machen, denn heute sind die Sachwerte weitaus höher als noch vor 30 Jahren. Eindeutig ist die zunehmende Aufladung der Atmosphäre mit Energie. Die Feuchtigkeit in der Luft hat nahezu weltweit stark zugenommen. Gleichzeitig nahm die Bodenfeuchte ab. Heute haben wir weitaus größere Regionen mit zeitweise deutlich unter 50% Bodenfeuchte.
Herr Dr. Faust erklärte weiter, dass nahezu alle Großschadensereignisse bei sehr stabilen Wetterlagen auftraten. Das Wetter „rastet ein“ – Gewitter regnen sich auf sehr engem Raum ab oder ein Hoch bringt Hitze und Trockenheit und weicht nicht mehr. Da sich äquatornahe Schichten im Rahmen der Erdüberhitzung weitaus weniger stark erwärmen als die Pole, wird so der Temperatur- und der Druckunterschied, der unser gesamtes Wettersystem antreibt, stark abgeschwächt.
Allen Klimazweifler*innen erklärte der Referent, dass jetzt nachweisbar ist, woher das zusätzliche CO2 kommt. Denn das CO2 aus den fossilen Energien hat einen eindeutigen Fingerabdruck: der Anteil von Kohlenstoff C13 ist höher. Und tatsächlich hat sich das Verhältnis des „natürlichen“ C12 zu dem fossilen C13 deutlich in Richtung des C13 verschoben. Täter gefasst, Fall gelöst – zumindest für den Teil der Menschheit, die wissenschaftlichen Erkenntnissen zugänglich sind.
Vortrag von Herrn Dr. Faust als PDF


Lisa Badum (MdB), Martin Stümpfig (MdL), Dr. Eberhard Faust (Munich Re), Verena Osgyan (MdL), Dr. Peter Pluschke (Umweltreferent Nürnberg), Dr. Annette Freibauer (LFL)