Demokratie | Gegen Rechts
NSU-Komplex: Opferfamilien haben Anrecht auf vollständige und letztgültige Aufklärung!
Katharina Schulze und Cemal Bozoglu bitten in offenem Brief an CSU-Innenminister Hermann um Sicherung aller Daten zum NSU-Komplex
11. Dezember 2020
Die Landtags-Grünen fordern, alle vorhandenen Unterlagen und Daten zu den Aktivitäten und Netzwerken des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Bayern bis auf weiteres zu sichern und zentral im Staatsministerium des Inneren aufzubewahren. In einem offenen Brief (Anhang) an CSU-Innenminister Joachim Herrmann bitten die Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze und der Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus, Cemal Bozoğlu, eindringlich darum, das derzeit auf dem Prüfstand stehende Löschmoratorium unbedingt aufrecht zu halten. Die in Bayern verfügbaren Unterlagen seien von besonderem Wert, da hier mit der BAO Bosporus die zentrale polizeiliche Sonderkommission zur Aufklärung der Ceska-Mordserie ansässig war. Parallel zu dem offenen Brief haben die Landtags-Grünen einen Dringlichkeitsantrag (Anhang) eingereicht, der Anfang 2021 im Innenausschuss beraten wird. Auch hierin fordern sie, die Löschung der Daten zum NSU-Komplex zu verhindern.
„Es gibt mittlerweile begründeten Verdacht, dass die Rolle bayerischer Unterstützerkreise des NSU noch nicht vollständig aufgeklärt wurde“, nimmt Katharina Schulze Bezug auf Recherchen zivilgesellschaftlicher Netzwerke. Im Fokus stehen vor allem die ungeklärte Rolle eines Nürnberger V-Mannes sowie des fränkischen Ablegers von Blood & Honour und die Umstände des so genannten Taschenlampenanschlags von 1999. „Diese neuen Verdachtsmomente müssen auch politisch aufgeklärt und rechtsextreme Strukturen in Bayern lückenlos durchleuchtet werden“, fordert Cemal Bozoğlu. Sollte sich der Landtag angesichts des neuen Wissenstands für eine Neuauflage eines Untersuchungsausschusses entscheiden, „müssen natürlich alle aufklärungsrelevanten Unterlagen und Daten verfügbar bleiben“, argumentiert Cemal Bozoğlu.
Das CSU-Innenministerium hatte auf eine Anfrage (Anhang) von Katharina Schulze eingeräumt, dass die Aufhebung des 2015 verfügten Löschmoratoriums derzeit aufgrund einer Aufforderung des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz geprüft werde. Unterlagen, die den einzelnen Untersuchungsausschüssen weitergeleitet wurden, stünden hingegen auch weiter zur Verfügung. „Uns geht es aber ganz konkret auch um Material zum Taschenlampenattentat, das bislang noch nicht von den Untersuchungsausschüssen gesichtet wurde“, unterstreicht Katharina Schulze. „Die Löschung digitaler Informationen und Vernichtung von Akten muss unbedingt verhindert werden – das sind wir vor allem auch den Opferfamilien schuldig, die ein Anrecht auf vollständige und letztgültige Aufklärung haben!“ Katharina Schulze und Cemal Bozoğlu erwarten nun, dass der CSU-Innenminister alle notwendigen Maßnahmen ergreift und die bayerischen Sicherheitsbehörden anweist, sämtliches Datenmaterial zum NSU-Komplex zu sichern.