Innere Sicherheit, Recht und Justiz

Die schmutzigen Geschäfte des "Herrn Doktor" und der "Madame"

<p><strong>Neue Enthüllungen im UA Modellbau: Die ehemalige Staatskanzleichefin Christine Haderthauer spielte in der Automodellbau Firma „SAPOR Modelltechnik GbR“ offenbar eine deutlich größere Rolle, als sie gerne zugeben würde.</strong> Dies berichteten in der gestrigen Sitzung die Zeugen Roger Ponton und Friedrich Sager übereinstimmend. Beide sind ehemalige Mitgesellschafter der Firma „SAPOR Modelltechnik GbR“. So war „Madame“, wie Roger Ponton sie stets nannte, allein zuständig für die bürokratischen Angelegenheiten der Firma. Einschließlich des Aufsetzens von Verträgen.

12. Juni 2015

Nach dem Ausscheiden Sagers im Jahr 1992, stellte Ponton ihr sogar eine „Generalvollmacht“ aus, damit sie allein die Geschäfte der Firma führen konnte.

Ulrike Gote, rechtspolitische Sprecherin der Landtagsgrünen und Mitglied im Untersuchungsausschuss „Modellbau“: „Der Modellbau war von Anfang an nicht als soziales Engagement gedacht, wie Christine Haderthauer der Öffentlichkeit weismachen wollte.“ Es ging ausschließlich um finanzielle Interessen, wie beide Zeugen bestätigten. Das Geschäftsmodell war deshalb so attraktiv, weil die Herstellungskosten durch den Arbeitseinsatz von Forensikinsassen, die anfangs 200 Mark monatlich für ihre Tätigkeit erhielten, so niedrig gehalten werden konnte.

Die Anfänge der SAPOR Modelltechnik GbR

Die Umstände der Firmengründung konnten gestern auch beleuchtet werden. Der Modellbau begann im Klinikum Ansbach bereits 1989 für eine Firma „Reim Modellbau“. Hr. Reim war ein ehemaliger Angestellter von Roger Ponton, er lernte den Dreifachmörder St. im Gefängnis kennen und entdeckte seine Leidenschaft für Modellbau. Mit von der Partie war auch Friedrich Sager. Sie konnten den jungen Assistenzarzt Hubert Haderthauer wohl überzeugen, dass Automodellbau eine sinnvolle Therapieart für die Forensik wäre. Der Modellbau begann gerade erst, als Reim bereits Unmengen von Geld verpulverte, das noch gar nicht verdient war. Unter anderem für einen Ferrari Testarossa und eine Villa in Ansbach. Mit dem besagten Ferrari machte auch Dr. Haderthauer gerne die eine oder andere Spritztour. Es kam wie es kommen musste: Die Firma ging pleite. Friedrich Sager wandte sich daraufhin an den vermögenden Roger Ponton, den er über Reim kennengelernt hatte und bat ihn um Unterstützung. Ponton, der schon immer eine Leidenschaft für Autos hatte, fuhr nach Ansbach, um sich das Ganze anzuschauen. Er beschloss in das Geschäft einzusteigen. Zunächst war geplant, dass Sager und Ponton die Firma „SAPOR Modelltechnik GbR“ gemeinsam gründen und auch der Modellbauer St. finanziell beteiligt werden sollte. Doch sie hatten ihre Rechnung ohne „Herrn Doktor“, Hubert Haderthauer, gemacht.

Als Sager und Ponton mit ihm, der als Vertreter des BKH Ansbach agierte, über die Fortführung der Arbeitstherapie „Modellbau“ verhandeln wollten, machte dieser ihnen klar, dass „ohne ihn nichts laufe“. Er wollte ebenfalls an dem Geschäft mit Modellautos beteiligt werden. Sein Auftritt war so überzeugend, dass Ponton ihn gar für den Chef der Klinik hielt. Was natürlich nicht ging, wie Hubert Haderthauer selbst feststellte, war, dass er auf beiden Seiten des Verhandlungstisches sitzt. Also einerseits den Vertrag über die Modellbautherapie für das BKH schließt und andererseits Teilhaber der davon profitierenden Firma ist. Kurzerhand wurde dann seine Frau, Christine Haderthauer, dritte Gesellschafterin. Dilemma gelöst.

Der Modellbau im BKH Ansbach

Ulrike Gote: „Ob die Arbeitstherapie „Modellbau“ tatsächlich eine Therapiemaßnahme im BKH Ansbach war, ist absolut zweifelhaft.“ So berichtete Sager, dass er den Modellbauer St. zu jeder Tages- und Nachtzeit in der Werkstatt auf einem eigens dafür vorgesehenen Telefon, anrufen konnte. Dieser hätte bis zu 12 Stunden am Tag an den Modellautos gebaut und am Wochenende an seinem Zeichentisch die Konstruktionspläne angefertigt. Angesichts der Komplexität des Automodellbaus, verwundert dies nicht, die kunstvolle Arbeit ist äußerst zeitintensiv. Dennoch konnten im BKH Ansbach ca. drei Modellautos pro Monat gebaut werden. Dass da nicht viel Zeit für andere Therapiemaßnahmen war, kann man sich ausrechnen.

Belohnt für die viele Arbeit wurde der Modellbauer St. mit regelmäßigen Mittagessen außerhalb der Klinik. Das Highlight war schließlich ein Ausflug von St., in Begleitung eines Polizisten und seiner Frau, in die Jagdhütte von Ponton in Frankreich. Beiden Zeugen war die Gefährlichkeit von St., der bis heute wegen eines Dreifachmordes in der geschlossenen Forensik sitzt, damals nicht bewusst. Mit den heutigen Sicherheitsvorstellungen sind diese Vorgänge selbstverständlich unvereinbar, stellt Ulrike Gote fest.

Übereinstimmende Zeugenaussagen

Teilweise muten die Umstände rund um die Modellbaufirma „SAPOR Modelltechnik GbR“ absurd an. Dennoch widersprachen sich die Zeugen gestern an wichtigen Punkten nicht. Es ergab sich ein klares Bild der Gründungsphase und der damaligen Umstände. Beide Zeugen konnten nichts über den Fortgang der Firma „SAPOR Modelltechnik GbR“ und die Arbeitstherapie Modellbau ab Mitte der 90er sagen. Sager schied schon 1992 aus und Ponton verlor ab 1995 den Kontakt zu den Haderthauers. Wer die Geschäfte weiterführte, Unterlagen beim Finanzamt einreichte und vom Verkauf der Modellautos profitierte, wird in den nächsten Sitzungen zu klären sein.


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