Innere Sicherheit, Recht und Justiz

Bericht des CSU-Innenministeriums zur „Reichsbürger“-Bewegung

Der CSU-Innenminister Herrmann hat diese Woche dem Innenausschuss des Landtags Rede und Antwort gestanden zu den Aktivitäten der „Reichsbürger“-Bewegung in Bayern. Die CSU musste zugeben, dass die Szene der „Reichsbürger“ deutlich größer und auch gefährlicher ist, als ihr bislang bekannt war. Als erste der Landtagsfraktionen hatten wir Landtags-Grüne schon im November 2016 einen Bericht des Ministeriums gefordert.

16. Februar 2017

Die CSU-Regierung rechnet derzeit 1.700 Personen eindeutig der „Reichsbürger“-Bewegung zu. Daneben überprüfen die Sicherheitsbehörden aktuell noch 1.600 weitere Verdachtsfälle. Diese erschreckend hohe Zahl ist besorgniserregend, sagte die Fraktionsvorsitzende und innenpolitische Sprecherin, Katharina Schulze, „denn die „Reichsbürger“ stellen die Existenz der Bundesrepublik in Frage, lehnen die Rechtsordnung und - viel schlimmer – sie sind in zunehmenden Maße auch gewaltbereit.“
Überdurchschnittlich viele „Reichsbürger“ sind Waffenbesitzer. 130 „Reichsbürger“ haben eine Waffenerlaubnis. In ungefähr doppelt so viele Fällen prüft die CSU-Regierung noch, ob der oder die WaffenbesitzerIn zur „Reichsbürger“-Bewegung zählt. Erst 33 Reichsbürgern haben die Behörde die Waffen weggenommen. Hier lauern noch Gefahren. Die Reichsbürger müssen jetzt schnell und konsequent entwaffnet werden, fordert Katharina Schulze.
Wir bezeichnen die „Reichsbürger“ schon länger als rechtsextreme Gefahr für den Rechtsstaat. Sie nur als Querulanten abzutun, wie es die CSU-Regierung lange gemacht hat, ist falsch. Der Bericht des CSU-Innenminister Herrmann offenbarte, dass unter den Reichsbürgern auch 40 Personen sind, die zur rechtsextremen Szene gehören. Wie viele von ihnen zum harten Kern der „Reichsbürger“-Bewegung zählen, den die Staatsregierung auf 150 bis 200 Personen schätzt, konnten die Vertreter des CSU-Innenministeriums und des Verfassungsschutzes im Innenausschuss nicht beantworten. Was sich in der Ausschusssitzung auch herausstellte: Das vom Landesamt für Verfassungsschutz ordnet aktive Funktionäre der AfD in Bayern der „Reichsbürger“-Bewegung zu. Die Verbindungen zwischen Rechtspopulisten und rechtsextremen Reichsbürgern ist heikel und darf nicht unterschätzt werden, stellt Katharina Schulze fest.
Ein weiteres Problem sind die „Reichsbürger“ im öffentlichen Dienst. Mittlerweile geht die CSU-Regierung auch gegen „Reichsbürger“ in der Verwaltung konsequenter vor. Gegen 15 Polizeibeamten laufen derzeit Disziplinarverfahren, so der CSU-Innenminister. „Es kann nicht sein, dass jemand für den Staat arbeitet und ihn gleichzeitig ablehnt“, sagt Katharina Schulze.

In der Sitzung des Innenausschusses brüstete sich die CSU mit ihrer Spitzenstellung in Deutschland beim Vorgehen gegen die Reichsbürger. Was aber im Bericht des CSU-Innenministers auffällt: Die CSU hat fast alle von ihr selbst gelobten Maßnahmen erst im Oktober letzten Jahres, nach dem schrecklichen Tod eines Polizisten durch einen „Reichsbürger“ in Georgensgmünd auf den Weg gebracht. Andere Bundesländer gehen schon länger konsequent gegen die „Reichsbürger“ vor, was Thema eines von uns Landtags-Grünen ausgerichteten Fachgesprächs Ende Januar war. Auch von den „Reichsbürgern“ Betroffene, wie zum Beispiel die bayerischen Gerichtsvollzieher, fühlen sich schon seit Jahren von der Politik allein gelassen. In der Sitzung des Innenausschusses ist den CSU-Verantwortlichen aber mit keiner Silbe über die Lippen gekommen, dass sie das Problem der „Reichsbürger“-Bewegung unterschätzt haben. Welche Gefahren dadurch zu lange im Verborgenen schlummerten, zeigte erst gerade der Fall des „Reichsbürgers“ und Neodruiden Burghard B. Er steht im Verdacht eine terroristische Vereinigung gebildet zu haben. Ende Januar hat die Polizei deshalb bundesweite Razzien durchgeführt. Hierzu hatten wir letzte Woche erneut einen Berichtsantrag im Landtag gestellt, der vom Innenausschuss auch beschlossen wurde.

Noch sind Fragen offen, die der Bericht des CSU-Innenministers diese Woche nicht beantworten konnte. Das betrifft unter anderem die Vernetzung der „Reichsbürger“ mit der rechten Szene. Fragen nach den Verbindungen des Reichsbürgers aus Georgensgmünd zu möglichen Informanten bei der Bayerischen Polizei sind noch nicht beantwortet. Auch ließ die CSU-Regierung offen, was jenseits der klassischen Polizeiarbeit gegen die Reichsbürger-Szene gemacht werden kann, die stark männlich geprägt ist und deren Schwerpunkt im Altersbereich der 40- bis 69-Jährigen liegt. Hier bleiben wir Landtags-Grüne am Ball. Wir fordern, dass auch weiter mit aller Kraft und Entschiedenheit gegen Reichbürger vorgegangen wird. Die CSU Regierung, so Katharina Schulze, hat das Thema viel zu lange verschlafen.

Unsere Anträge zum Thema:
Dringlichkeitsantrag vom 31.1.2017: Gefahr durch „Reichsbürger“ ernst nehmen

Dringlichkeitsantrag vom 25.10.2016: Reichsbürger“ in Bayern – die zu lange unterschätzte Gefahr im Freistaat

Schriftliche Anfrage vom 18.4.2016: Aktivitäten der rechtsextremen „Reichsbürgerbewegung“ in Bayern
und
Video vom 13.7.16, Katha Aktuell: Rechte Reichsbürger in Bayern aktiv