Inneres | Recht
Klarheit statt Regelchaos
Mit parlamentarischer Kontrolle durch die Corona-Krise steuern
06. Oktober 2020
Seit Beginn der Corona-Pandemie werden fast alle Entscheidungen zur Bekämpfung der Pandemie, die sich gravierend auf das Leben der Menschen auswirken, von der Staatsregierung allein getroffen. Das ist statthaft und im Bundesinfektionsschutzgesetz so vorgesehen. Gerade am Anfang war eine schnelle Reaktion notwendig, um Leben und Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Inzwischen ist klar, dass die Corona-Pandemie uns länger begleiten wird und dass Abstandhalten und Maske-Tragen Teil unseres Alltags bleiben werden.
Trotzdem arbeitet die Staatsregierung weiterhin mit Rechtsverordnungen und Allgemeinverfügungen, die alle zwei Wochen erneuert werden müssen. Der Landtag wird dabei nicht beteiligt, trotz der Tatsache, dass Corona zu den schwersten Grundrechtseingriffe in der neueren Geschichte Bayerns geführt hat. Das alles ist aus rechtsstaatlicher Sicht äußerst bedenklich und führt zu intransparenten Entscheidungsprozessen und teils unausgewogenen Ergebnissen.
Mit unserem grünen Corona-Maßnahmengesetz (BayCorMaG) für Bayern sorgen wir für klare, transparente Regeln im Umgang mit der Pandemie. Künftig sollen wesentliche Regelungen zur Bekämpfung der Pandemie wieder im Landtag getroffen werden. Zu diesem Zweck macht der Landtag von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch, um sowohl mit Blick auf das Verfahren als auch bezüglich der zu treffenden Maßnahmen des Infektionsschutzes wirksame Rahmenvorgaben zu treffen.
Während die Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen der schwarz-orangen Staatsregierung versuchen, für jeden Einzelfall Regeln aufzustellen, legt das Corona-Maßnahmengesetz von Bündnis 90/Die Grünen ganz klar fest: Überall muss Abstand gehalten werden und wo das nicht möglich ist, gilt Maskenpflicht (Art. 3 und 4). Damit gilt für alle Lebensbereiche die gleiche Grundregel, die leicht verständlich und einfach zu befolgen ist. Diese wird so lange notwendig sein, wie durch die Corona-Pandemie ein Risiko für die Menschen in Bayern besteht.
Darüber hinaus erlaubt das Gesetz der Staatsregierung, weitere Details per Verordnung selbst zu regeln, wie zum Beispiel die maximale Größe von Versammlungen (Art. 5). Aber auch bei diesen Verordnungen muss sie darauf achten, dass Gleiches gleichbehandelt wird. Außerdem muss sie ihre Entscheidungsgrundlagen offenlegen und den Landtag miteinbinden (Art. 12 und 13).
Nur wenn die Menschen in Bayern die Corona-Regeln verstehen, halten sie sich daran. Und nur wenn über die Regeln und ihre Wirksamkeit diskutiert werden kann, akzeptieren die Menschen sie auch. Bisher werden alle Maßnahmen im Hinterzimmer der Staatskanzlei ausgehandelt. Selbst medizinische Fachverbände werden nicht ausreichend eingebunden. Das muss sich ändern. Daher wollen wir die Söder-Regierung auf maximale Transparenz in dieser Krise verpflichten.
In unserem Gesetzesentwurf fordern wir:
- ein klar benanntes Ziel der Infektionsschutzmaßnahmen, an dem sich auch deren Erfolg und Zulässigkeit messen lassen,
- verständliche Grundregeln (Abstandhalten und Maskentragen), die für alle gelten,
- klare Vorgaben für die Staatsregierung, welche Details sie regeln darf,
- strengere Maßnahmen erst bei der Überschreitung des Grenzwerts von 50 und nicht mehr schon ab 35,
- volle Transparenz über die Entscheidungsgrundlagen der Staatsregierung,
- Mitbestimmungsrechte des Landtags,
- und eine fortlaufende Evaluation aller Maßnahmen gegen die Krise.
Dieser Gesetzentwurf schließt an unsere bisherigen Initiativen in diesem Bereich an. Bereits im Mai forderten wir Landtags-Grünen ein Corona-Transparenzgesetz, eine Corona-Kommission und ein Corona-Maßnahmengesetz auf Bundesebene. Diese Vorschläge lehnten CSU und Freie Wähler ab. Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf erneuern wir Grünen unsere Forderungen. Ein Bayerisches Corona-Maßnahmengesetz sorgt für mehr Transparenz, für mehr parlamentarische Kontrolle und schließt zumindest teilweise die Lücke, die das fehlende Bundes-Coronagesetz hinterlässt.
Mittlerweile haben auch die Freien Wähler die Forderungen von uns Landtags-Grünen aufgegriffen und setzen sich für eine interdisziplinäre Corona-Kommission sowie für klarere Regeln ein. Auch andere Bundesländer, wie zum Beispiel Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, haben Gesetze erlassen, die dem Parlament mehr Kontrolle geben und die Corona-Maßnahmen transparenter gestalten.