Inneres | Recht
Lehren aus dem Attentat am OEZ
Landtags-Grüne fordern Debatte über politische Konsequenzen und präventive Maßnahmen
14. Oktober 2021
Fünf Jahre nach dem rassistischen Terroranschlag am Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) in München, bei dem neun Menschen durch einen jugendlichen Attentäter getötet wurden, fordern wie Landtags-Grüne mit einem Antragspaket eine Debatte über die politischen Konsequenzen und die präventiven Maßnahmen der Staatsregierung. „Uns ist sehr wichtig, dass die notwendigen Lehren aus diesem schrecklichen Attentat gezogen werden, damit sich ein solches Ereignis möglichst nicht wiederholen kann,“ erläutert unsere Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze. „Dies sind wir den Angehörigen der Opfer und den überlebenden Opfern schuldig. Ich freue mich deshalb sehr, dass unsere Anträge im zuständigen Innenausschuss angenommen wurden.“
Das Attentat am Olympia-Einkaufszentrum im Juli 2016 wurde lange nicht von den bayerischen Sicherheitsbehörden als politisch motiviertes Attentat anerkannt. Der 18-jährige Täter war jedoch kein isolierter Einzelgänger, sondern handelte aus rassistischen Motiven und hat sich auf einschlägigen Spieleplattformen und Imageboards mit Gleichgesinnten vernetzt. David S. steht stellvertretend für eine neue Generation rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Attentäter, die sich hauptsächlich über soziale Medien, Internetplattformen und Imageboards vernetzen und dort ihre menschenverachtenden Botschaften global verbreiten. „Unsere Sicherheitsbehörden haben diese neuen Formen der Organisierung und Radikalisierung im Netz viel zu lange nicht ausreichend auf dem Schirm gehabt,“ kritisiert Katharina Schulze. „Dabei ist das Phänomen keineswegs neu. Das große Vorbild von David S. war der norwegische rechtsextreme Attentäter Andres Breivik, der am 22.Juli 2011 in Oslo und auf der Insel Utoya insgesamt 77 Menschen ermordete. Auch dieser Täter hat sich hauptsächlich Online organisiert.“
Auch die antisemitischen und rassistischen Attentäter von Halle und Hanau haben einen ähnlichen Radikalisierungsprozess durchlaufen. Die Sicherheitsbehörden haben große Probleme beim Umgang mit dieser neuen Bedrohungslage und bei der rechtzeitigen Identifizierung potenzieller ‚Gefährder‘. „Keiner der Attentäter von München, Halle oder Hanau war vorher auf dem Schirm der Sicherheitsbehörden. Wir brauchen deshalb eine systematische Neubewertung des Gefährdungspotenzials durch rechtsextreme und rassistische Gewalt und ein einheitliches personenbezogenes Risikobewertungssystem zur rechtzeitigen Identifizierung potenzieller Attentäter,“ fordert Katharina Schulze. „Das bereits lange angekündigte neue Instrument zur individuellen Risikobewertung ‚RADAR-rechts‘ muss nun so schnell wie möglich umgesetzt werden.“
Für ein wirksames Monitoring und operative Ermittlungen im Netz müssen bei den Sicherheitsbehörden die notwendigen personellen Ressourcen und technischen Fähigkeiten vorhanden sein. Auf Spieleplattformen wie STEAM existiert eine regelrechte Fanszene, die Amokläufe, Attentate und Hassverbrechen glorifiziert. In dieser ‚Community‘ hat sich auch David S. bewegt und vermutlich weiter radikalisiert. Wir brauchen deshalb eine bessere Aufklärung von rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Aktivitäten und Chatgruppen in der Online-Gaming-Szene. „In manchen dieser Foren, Gruppen und Plattformen hat sich eine regelrechte ‚Hasskultur‘ entwickelt,“ konstatiert die Fraktionsvorsitzende. „Es ist deshalb wichtig, dass überall dort wo Terroranschläge gerechtfertigt und Täter zu Helden verklärt werden, besser aufgeklärt wird und wo immer möglich, entsprechende Äußerungen auch strafrechtlich verfolgt werden.“
Unser Antragspaket "Lehren aus dem OEZ-Attentat I - III" und die schriftliche Anfrage zu den politischen Konsequenzen und Maßnahmen der Staatsregierung zum Download:
Drs.18/17438 Lehren aus dem OEZ-Attentat III – Maßnahmen zur Prävention von Radikalisierungsrisiken