Inneres | Recht

Anschlag in München: Keine Zeit gründlich zu ermitteln?

20. Februar 2025

Falschinformationen wären vermeidbar gewesen

„Ich bin wirklich bestürzt“, sagt Florian Siekmann, Sprecher für Inneres der Landtags-Grünen. „Es stellt sich die Frage: Hat Markus Söder mit seinem schnellen Drängen vor die Presse in Kauf genommen, dass keine Zeit für gründliche Ermittlungen blieb und Angaben möglichweise fehlerhaft sind? Die Staatsregierung hat in der Pressekonferenz falsche Informationen verbreitet. Seitdem wabern diese durchs Netz und heizen rechte Stimmungsmache massiv an.“

Das war geschehen

Um Informationen über den Aufenthaltsstatus des Täters zu bekommen, nahmen die Ermittlungsbehörden Einblick in das Ausländerzentralregister. Allerdings: Wie aus der Antwort der Staatsregierung auf die Grünen-Anfrage hervorgeht, besteht ein technisches Schnittstellenproblem zwischen dem Programm OK.VISA der AKDB (Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern), welches von den meisten bayerischen Ausländerbehörden verwendet wird, und dem Ausländerzentralregister. Das bedeutet: Die Übertragung ist sehr fehleranfällig und diesbezügliche Inhalte im Ausländerzentralregister sind oftmals nicht aktuell. Den Ermittlungsbehörden und der Staatsregierung ist dieses Software-Problem hinlänglich bekannt. Deshalb ist es Standard, dass die Behörden bei solchen Abfragen zum Aufenthaltsstatus anschließend bei der zuständigen Ausländerbehörde nachfragen, ob die Angaben im Ausländerzentralregister korrekt sind oder nicht.

Florian Siekmann: „In diesem Fall ist das offensichtlich nicht erfolgt – obwohl das zwingend notwendig gewesen wäre! Die Staatsregierung weiß, wie fehleranfällig die Software ist. Die technischen Probleme waren im Vorfeld bekannt! Und trotzdem hat sie es versäumt, sicherzustellen, dass die Informationen korrekt sind. Der zeitliche Druck hat dann auch noch zur fehlerhaften Recherche in den polizeilichen Datenbanken geführt, so wurde der Täter dann mit Drogenkonsum und Ladendiebstahl in Verbindung gebracht.“

Hintergrund

Kurze Zeit nach dem Anschlag am 13. Februar in München wurde erklärt, der Asylantrag des Täters sei wohl abgelehnt worden und dass er im Moment nicht abgeschoben werden könne und er sich deshalb weiter in Bayern aufhalten dürfte. Dies ist gleichbedeutend mit „ausreisepflichtig“. Zudem wurde erklärt, dass der Mann im Zusammenhang mit Ladendiebstählen und Drogendelikten auffällig geworden sei. Erst Stunden später korrigierte der Innenminister die falschen Angaben. Hinterher hieß es aus Polizeikreisen, die Falschinformationen seien der Kürze der Zeit geschuldet gewesen.

Florian Siekmann: „Fakt ist: Die Aussage von Innenminister Herrmann, dass die Daten lediglich fehlinterpretiert wurden, klingt wie eine Ausrede. Es wurde versäumt, in der Ausländerbehörde nachzuhaken und die polizeilichen Vorgänge zum Täter sorgfältig auszuwerten. Dabei braucht es gerade in solchen Fällen größte Gründlichkeit und Genauigkeit, bevor eine Regierung vor die Presse tritt.“ Zwar seien die falschen Behauptungen dann korrigiert worden. „Trotzdem setzen sich die ersten Informationen immer am stärksten fest und haben im konkreten Fall erneut pauschalen Verurteilungen von Geflüchteten in den sozialen Netzwerken Vorschub geleistet. Es wäre das Mindeste gewesen, den Informationsstand mit den zuständigen örtlichen Behörden im Vorfeld abzugleichen. Das hätte diese vermeidbare Fehlinformation sofort verhindert, denn alle Informationen zum Täter lagen korrekt vor.“

 

 

Korrigierte Version. Die Angaben zum Hintergrund wurden präzisiert.