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Anstieg rechter Straftaten
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21. Februar 2025
Antwort auf Grünen-Anfrage zeigt bedenkliche Entwicklung
Aus der Antwort des Bayerischen Innenministers auf eine Grünen-Anfrage geht hervor:
Bei den Zahlen der Politisch Motivierten Kriminalität (PMK) sind die rechten Straftaten in Bayern auf einem Rekordniveau. Der islamistische Terror entfacht offenbar eine gefährliche Dynamik.
Analyse der Zahlen:
- Die im Bereich Politisch motivierte Kriminalität (PMK) -rechts- registrierten Zahlen haben in Bayern im Jahr 2024 mit 3.612 Straftaten ein neues Rekordniveau erreicht. Der Anstieg um mehr als 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (2023: 3.055 Straftaten) markiert den zweiten Höchststand in Folge.
- Die Politisch motivierter Kriminalität im Bereich -sonstige Zuordnung-, wo Delikte von Reichsbürger*innen und aus dem Spektrum der Coronaleugner*innen erfasst werden, sinkt zwar von 3.444 Straftaten im Jahr 2023 auf 2.607 Straftaten im Jahr 2024, bleibt aber der mit Abstand größte Bereich nach der PMK -rechts-.
- Die Zahlen zeigen, dass Kriminalität mit auslandsbezogener Ideologie seit dem Jahr 2022 stark zunimmt. Dieser Phänomenbereich umfasst Straftaten im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, aber auch Aktivitäten von z.B. PKK und dem säkularen palästinensischen Extremismus. Der deutliche Anstieg im Jahr 2023 mit 367 Taten seigt nach der Coronazeit weit über dem bisher üblichen vor Corona-Niveau ein. Im Jahr 2023 ergibt sich eine weitere Steigerung auf 439 Taten und im Jahr 2024 erreicht der Bereich einen Spitzenwert von 548 Vorfällen. Der Anstieg in diesem sehr heterogenen Phänomenbereich umfasst spätestens ab dem Jahr 2023 auch Reaktionen auf den Terrorangriff der HAMAS auf Israel am 7. Oktober 2023 und der sich anschließenden Gegenreaktion des israelischen Militärs im Gazastreifen zu erklären.
- Die Gefährdung durch islamistischen Terrorismus in Bayern hat sich ebenfalls seit dem terroristischen Angriff der HAMAS auf Israel am 7. Oktober 2023 und den darauffolgenden militärischen Auseinandersetzungen im Gazastreifen massiv erhöht. Lag die Zahl der Taten aus dem Bereich PMK-religiöse Ideologie (islamistische Straftaten) im Jahr 2022 noch bei relativ niedrigen 50 erfassten Vorgängen, stiegen diese im Jahr 2023 auf einen Spitzenwert von 235 und sanken im Jahr 2024 leicht ab auf 186.
- Erfreulich ist ein konstanter Rückgang linksextremistisch motivierter Straftaten über den gesamten Beobachtungszeitraum.
Cemal Bozoğlu, Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus der Landtags-Grünen, erklärt:
„Dass die politisch motivierten Straftaten aus dem rechten Spektrum zum zweiten Jahr in Folge ein Höchstniveau erreicht, ist ein nicht zu überhörendes Alarmsignal. Das aufgeheizte politische Klima befeuert Straftäter mit rechter Gesinnung. Die Staatsregierung ist dringend aufgefordert, das Problem klar zu benennen und konsequent gegenzusteuern. Das darf nicht verharmlost werden! Die Staatsregierung ist aufgefordert, die Gefahren richtig einzuordnen und dringend restriktive wie präventive Maßnahmen einzuleiten.“
Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende, sagt:
„Die aktuellen Zahlen belegen: Islamistischer Terror schürt gezielt Angst bei den Menschen – und diese Angst wird von rechtsextremen und rechtspopulistischen Kräften für ihre Zwecke missbraucht. Diese gefährliche Dynamik sich gegenseitig befeuernder Straftaten müssen wir durchbrechen – mit gezielter Prävention und einer modernen, gut ausgestatteten Sicherheitsinfrastruktur. Polizei und Verfassungsschutz brauchen dringend mehr digitale Ermittler, um auch in sozialen Netzwerken effektiv gegen Extremismus vorzugehen. Die Staatsregierung darf diese alarmierende Entwicklung nicht ignorieren. Sie muss jetzt entschlossen handeln!“
Hintergrund zu den Zahlen:
In der zweiten Tabelle der Antwort des Innenministers zu sehen, sind die Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik zur Politisch Motivierten Kriminalität (PMK) in Bayern, die vom LKA geliefert und vom BKA bundesweit zusammengefasst werden.
Die Zahlen in der ersten Tabelle hingegen sind die Zahlen vom Landesamt für Verfassungsschutz, welches in Bayern alle von BKA und LKA festgestellten Fälle unter der PMK-Kriminalität nochmal prüft. Das bedeutet, dass nur ein gewisser Teil der in der polizeilichen Statistik auftauchenden Straftaten auch als extremistisch bewertet wird.
Auffällig ist insbesondere im Bereich Rechtsextremismus, dass zunehmend weniger Straftaten als extremistisch anerkannt werden. Im Jahr 2020 lag die Quote der als extremistisch anerkannten Straftaten noch bei 85 Prozent. Im aktuellen Jahr liegt sie lediglich bei 11 Prozent. Das führt dazu, dass in der Bewertung des Innenministeriums die extremistischen Straftaten im Bereich Rechtsextremismus um 80 Prozent gesunken sind. Das steht im Widerspruch zu den von der Polizei festgestellten Straftaten der PMK-rechts, die kontinuierlich gestiegen sind in den letzten Jahren (zweite Tabelle).
Andere Bundesländer handhaben das anders als Bayern. So geht aus einer früheren Anfrage der Landtags-Grünen in Bezug auf die Zahlen von 2023 hervor, dass in nahezu allen anderen Bundesländern über 90 Prozent der polizeilich erfassten Straftaten auch als extremistisch bewertet werden.