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Justizministerium hätte viel früher reagieren müssen

19. Dezember 2024

Folterskandal in Gablingen

Nach Bekanntwerden der Foltervorwürfe in der JVA Augsburg-Gablingen stellte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Fragenkatalog an die Staatsregierung. Einen Teil der Anfragen beantwortet das Ministerium jetzt. Für die Landtags-Grünen bestätigen die Antworten, dass das Ministerium in seiner Aufsichtsfunktion auf ganzer Linie versagt hat. Doch auch das Ausmaß der Misshandlungen wird durch die neuen Informationen deutlich.

Den mittlerweile 17 verdächtigten Angestellten der JVA wird vorgeworfen, Gefangene ohne Rechtsgrundlage und unter unmenschlichen Bedingungen über lange Zeiträume in den sogenannten besonders gesicherten Hafträumen (bgH) im Keller der Anstalt eingesperrt zu haben. Im Fokus der Ermittlungen steht die derzeit suspendierte stellvertretende Leiterin der JVA. Nachdem sie 2023 ihren Dienst in Gablingen antrat, verdoppelte sich die Anzahl der bgH-Unterbringungen. Im vergangenen Jahr waren in 70 Fällen Gefangene länger als drei Tage in einem solchen Haftraum. 2024 waren es bis zum 31. Oktober 54 Fälle.

Für Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen, ein Warnsignal, das nicht hätte ignoriert werden dürfen: 

„Ab 3 Tagen müssen diese Unterbringungen in besonders gesicherten Hafträumen dem Ministerium gemeldet werden. Das Ministerium muss also gemerkt haben, dass die Zahlen hier plötzlich in die Höhe springen. Dazu kommen dann das Schreiben der Anstaltsärztin sowie eine Beschwerde, die von immerhin 31 Gefangenen unterzeichnet worden ist. Wofür hat man Meldepflichten und Beschwerdestellen, wenn man bei derartigen Entwicklungen nicht umgehend eingreift? Diese Missachtung der Aufsichtspflicht ist ein Versagen. Wir bleiben dran und werden definitiv noch weitere Anfragen stellen.“

In mindestens zwei Fällen waren Gefangene 24 Tage am Stück in einem bgH untergebracht. Einen ähnlichen Fall gab es in der JVA Augsburg bereits 2008. Damals rügte das Bundesverfassungsgericht eine Unterbringung, die 21 Tage lang dauerte. Als Konsequenz führte das Ministerium lediglich eine „bgH-Checkliste“ ein. Die Leitungsposition der jetzt suspendierten JVA-Leiterin wurde dadurch nicht gefährdet. Auch strafrechtliche Ermittlungen gegen sie von 2015, die gegen Geldzahlung eingestellt worden sind, taten ihrer Karriere keinen Abbruch. Details zu den damaligen Vorgängen vermag das Ministerium nicht mehr widerzugeben, weil von Rechtswegen her bereits alle Unterlagen ausgesondert worden sind.

Einen Lichtblick sieht aber Toni Schuberl, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion: 

„Wir hatten gefordert, dass alle Justizangestellten direkt über die anonyme Hinweisstelle im Justizministerium informiert werden. Dies wurde jetzt umgesetzt. Ebenso soll es in Zukunft anonyme Beschwerdebriefkästen für Gefangene geben. Doch es braucht natürlich viel tiefergehende Reformen. Und diese werden wir von der Staatsregierung einfordern.“

Hier die Antworten:

Anfrage Gelöschte Videos

Anfrage Anzeige Justizministerium

Anfrage Anstaltsleiterin

Anfrage Foltervorwürfe

Anfrage bgH