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Ungezügeltem Flächenfraß in Bayern Einhalt bieten
Verbindliches Flächensparziel statt Freiwilligkeit
23. Oktober 2020
Tagtäglich verlieren wir in Bayern wertvolle Flächen. 2019 stieg der Flächenfraß von 10 auf 10,8 Hektar am Tag, das entspricht alle drei Tage einem durchschnittlichen bayerischen Bauernhof. Die Versiegelung des Bodens ist ein Brandbeschleuniger für die ökologischen Krisen unserer Zeit. Sie beschleunigt den Artenschwund, den Klimawandel und die Umweltzerstörung sowieso. Denn der Boden erfüllt wichtige Funktionen für das Ökosystem, sie gehen verloren, wenn freie Flächen für Straßen, Siedlungen und Gewerbeflächen bebaut werden. Der Boden verliert durch die Versiegelung seine Fruchtbarkeit und Wasserdurchlässigkeit – örtliche Überschwemmungen, niedrige Grundwasservorräte und weniger Platz für die Landwirtschaft sind die Folge. Aus diesem Grund muss mit der begrenzten Ressource Boden besonders verantwortungsvoll umgegangen werden.
Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir einen verbindlichen, verlässlichen Rahmen für verantwortliche Kommunalpolitiker*innen schaffen. Schluss mit dem kommunalen Unterbietungswettbewerb, bei dem am Ende alle verlieren. Landwirte, die ihre Flächen verlieren. Tiere und Pflanzen, die ihren Lebensraum verlieren. Und wir alle, weil wir Orte der Erholung verlieren und unsere gewachsene Kulturlandschaft und lebendige Ortschaften und Stadtzentren tristen, gesichtslosen Gewerbegebieten auf der grünen Wiese weichen. Unser Entwurf knüpft an das Volksbegehren „Betonflut eindämmen“ an, das großen Zuspruch fand, und zeigt verfassungsfeste Lösungen auf. Unser Entwurf senkt den Flächenverbrauch stufenweise auf 5 Hektar am Tag und gibt Kommunen im Rahmen dessen ein Höchstmaß an Flexibilität. Sie können die ihnen zugeteilten Budgets ansparen, sie können durch die Rücknahme bestehender Bebauungspläne und entsprechender Entsiegelung ihr eigenes Budget selbst vergrößern, sie können in Absprache mit anderen Kommunen Budgets gegenseitig übertragen und sie können Härtefalle geltend machen – beispielsweise für überregional wichtige Einrichtungen wie Schulstandorte – und so zusätzliche Budgets erhalten. Das Budget selbst soll so an Kommunen verteilt werden, dass einwohnerschwächere Kommunen mehr Fläche pro Jahr und Einwohner*in erhalten als größere Kommunen. Auf diese Weise werden gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern gefördert. Der dafür richtige Verteilungsschlüssel soll in regelmäßigen Abständen mit allen Akteuren diskutiert und angepasst werden. Alles in allem eine runde Sache.
Die Ausschussberatung verlief jedoch ernüchternd. Die Regierungsfraktionen lehnten unseren Gesetzentwurf ab und verwässerten selbst noch den ohnehin schon windelweichen Vorschlag der Staatsregierung. Die unverbindliche „Richtgröße“ der Staatsregierung droht ein zahnloser Tiger zu werden, zumal sich Regierung und Regierungsfraktionen davor drücken ihre bayernweite Richtgröße auf die kommunale Ebene herunter zu brechen. Christian Zwanziger, Sprecher für Landesentwicklung der Fraktion: „Das finde ich alles andere als mutig. Sie bietet also keinerlei Orientierung. Und vor allen wird es der Sache – dem Schutz unserer kostbaren Ressource, dem Erhalt von Landwirtschaft, Natur und unserer unverwechselbaren Kulturlandschaft – nicht gerecht. Diese Feigenblattpolitik werden wir nicht durchgehen lassen. Voraussichtlich vor Weihnachten geht die Beratung der konkurrierenden Gesetzentwürfe in die nächste Runde – dieses Mal dann im vollen Plenum.“