Eine andere Agrarpolitik ist möglich
Grüner Dringlichkeitsantrag - 40 Prozent der flächengebundenen Direktzahlungen an Umwelt-, Klima- und Tierschutzmaßnahmen koppeln und verbindlich machen
06. Dezember 2019
Höfesterben, Missstände in der Tierhaltung, rapides Artensterben weltweit, das Anheizen der Klimakrise – die Agrarpolitik der vergangenen Jahrzehnte hat schwerwiegende Folgen für Menschen, Tiere und Umwelt. Viele Landwirtinnen und Landwirte sind unzufrieden und fühlen sich in ihrer Existenz bedroht. In Bayern werden die Betriebe immer größer – so haben wir einen Zuwachs bei Betrieben mit über 100 Hektar. Zugleich verlieren wir jedoch die mittleren Familienbetriebe. In acht Jahren – von 2010 bis 2018 – haben wir in Bayern 13.860 Höfe verloren. Und das trotz der 976 Millionen Euro Fördergelder, die jährlich aus dem Agrarbudget nach Bayern fließen.
Diese Agrarpolitik und ihre negativen Auswirkungen werden durch Steuergelder über den EU-Haushalt für Agrarpolitik gefördert. Denn die Gemeinsame Agrarpolitik, kurz GAP, gehört seit Beginn der Einigung Europas zu den wichtigsten Aufgabenfeldern der europäischen Politik. Sie beruht auf zwei Säulen: Die erste Säule beinhaltet Direktzahlung an Landwirte, die zweite zielt auf die Entwicklung des ländlichen Raums, insbesondere auf Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz. Die Fördergelder kommen allerding zu oft am falschen Ende an, so dass die Problemfelder nicht beseitigt werden können. Das Geld über die Flächen zu verteilen, dient vor allem den riesigen Betrieben im Osten und am Ende nur den Investoren, aber nicht den kleinstrukturierten Betrieben in Bayern. Die im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik vergebenen Mittel müssen daher effektiver und fairer eingesetzt werden.
Derzeit wird wieder auf europäischer Ebene verhandelt, wie die Fördergelder für die nächsten sieben Jahre verteilt werden. Die Verhandlungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik lassen jedoch bisher keinen Systemwechsel erkennen. Dabei gibt es viele Vorschläge, wissenschaftliche Untersuchungen und Studien, dass und wie sich diese Agrarpolitik ändern muss. Damit müssen wir jetzt beginnen und die ersten Zwischenschritte für einen Umbau einleiten. Wir müssen weg von den Flächenzahlungen und dort fördern, wo gesellschaftliche Leistungen – wie sauberes Wasser, saubere Luft, Tierwohl und Artenvielfalt – erbracht werden.
Daher haben wir diese Woche mit einem Dringlichkeitsantrag die Staatsregierung aufgefordert, sich für eine grundlegende Änderung der Agrarpolitik auszusprechen. In unserem Dringlichkeitsantrag fordern wir, dass die flächengebundenen Direktzahlungen in der nächsten Förderperiode ab 2021 zu 40 Prozent an Umwelt-, Klima- und Tierschutzmaßnahmen gekoppelt werden. Diese 40 Prozent müssen für alle Mitgliedsstaaten verbindlich festgeschrieben und mit gemeinsamen Standards verbunden werden.
Wir wollen, dass Bauern und Bäuerinnen mehr Geld bekommen, wenn ihre Kühe auf der Weide Gras fressen dürfen, wenn ihre Schweine im Stroh wühlen können und sie ihnen Licht und Luft gönnen, wenn sie Feldhecken und Ackerreine stehen lassen. Die Landwirtschaft hat insgesamt bewiesen, dass sie ausreichend Lebensmittel erzeugen kann. Was wir jetzt brauchen, ist eine Honorierung – und zwar eine finanzielle Honorierung – für Tiergesundheit, Umweltschutz und Landschaftsschutz. Deshalb müssen wir die Fördergelder qualifizieren. Wir müssen hier und heute mit den Problemen, die sich uns stellen, fertig werden. Dafür brauchen wir eine andere Agrarpolitik!