Verbraucherschutz | Tierschutz
Was steckt hinter dem Schlachthofsterben in Bayern?
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03. Februar 2025
Fachgespräch zum fortschreitenden Schlachthöfe-Sterben in Bayern
Immer mehr Schlachthöfe in Bayern müssen schließen, mit gravierenden Folgen, ob für Landwirte, Verbraucher oder Tiere. Die Landtags-Grünen haben daher für Mittwoch, den 5. Februar ein Fachgespräch über die aktuelle Lage und die Perspektiven der bayerischen Schlachtstätten im Landwirtschaftsausschuss initiiert, das insbesondere die vielen Schließungen und deren Folgen thematisieren wird (9.15 Uhr, Konferenzsaal).
Paul Knoblach, Sprecher für Tierwohl, erklärt:
„Die Söder-Regierung muss dringend etwas dagegen unternehmen, dass uns die ganzen kleinen Schlachthöfe verloren gehen. Sie sind wichtig für die Vielfalt und die Nachhaltigkeit unserer Lebensmittelversorgung – und vor allen Dingen sorgen sie für wesentlich mehr Tierwohl als große Betriebe.“
Hintergrund: Der Trend zur Schließung kleinerer, regionaler Schlachthöfe zugunsten weniger, großer Zentralschlachthöfe bedeutet viel längere Transportwege für die Tiere, was deren Stress und in etlichen Fällen generell das Tierleid erhöht. Zudem führen längere Transportwege zu einem erhöhten CO2-Ausstoß und damit zu einer schlechteren Ökobilanz. Darüber hinaus bedeutet die Schließung kleinerer übers Land verteilter Schlachthöfe eine Schwächung regionaler Kreisläufe zwischen Erzeugern, Verarbeitern und Verbrauchern sowie den Verlust lokaler Wertschöpfung: Arbeitsplätze und wirtschaftliche Aktivität in den ländlichen Regionen gehen verloren. Kleinbetriebe wie lokale Landwirte und Metzger verlieren den Zugang zu nahen Schlachtmöglichkeiten. Die Weideschlachtung wird erschwert, da das geschlachtete Tier spätestens nach zwei Stunden zur Weiterverarbeitung im Schlachthof sein muss. Die Produktvielfalt leidet: regionale Spezialitäten und traditionelle Verarbeitungsmethoden werden verdrängt.
Ziel des Fachgesprächs ist nun, Fragen zu beantworten, wie dem Schlachtstättensterben Einhalt geboten werden kann. Paul Knoblach:
„Wird es ein Förderprogramm geben? Wird darin der Tierschutz berücksichtigt? Wie können wir weiter regionale Fleischprodukte anbieten? Und wie gehen wir auf den Wunsch der Verbraucher nach regionalen Fleischprodukten ein? Denn klar ist doch: Ohne Schlachthof kein regionales Fleisch! Das treibt auch die Biobetriebe um, die ihre Tiere nicht Hunderte von Kilometern zum nächsten Schlachthof transportieren lassen wollen.“
Große Kritik üben die Grünen insbesondere an den nicht umgesetzten Ankündigungen aus dem „Zukunftsvertrag zur Landwirtschaft in Bayern“:
„Seit über einem Jahr tönt die Staatsregierung groß herum und hat im Zukunftsvertrag eine Beratungs- und Förderoffensive mit bis zu 10 Mio. Euro pro Jahr. Und was ist seitdem passiert? So gut wie nichts! Das Geld wurde zusammengestrichen. Dabei steht es im Zukunftsvertrag, im Koalitionsvertrag, in allen möglichen Pressemitteilungen – aber keiner kümmert sich. Markus Söder, selbsternannter Bratwurstexperte, sorgt mit seinem Nichtstun dafür, dass es vielleicht bald keine regional erzeugten Bratwurstspezialitäten mehr gibt.“
Als Experten für das Fachgespräch haben die Grünen Stefan Nies von der Hofmetzgerei Nies in Kaltental (Ostallgäu) benannt.
Die Landtags-Grünen setzen sich seit langem für eine Förderung und den Erhalt kleinerer Schlachthöfe ein. Ein Grünen-Antrag etwa zu Lehrschlachthöfen an strategisch günstigen Standorten in Bayern (zum Erhalt der Regionalität sowie zur Abhilfe gegen den Mangel an Tierarzt*innen für Groß- und Nutztiere, in den Behörden und in den Praxen und bei Amtstierärzt*innen zur Veterinärkontrolle) wurde im März abgelehnt. Um diesem Mangel entgegenzuwirken, hat die Staatsregierung nun die „Landtierarztquote" eingeführt, die allerdings frühestens in zehn Jahren Wirkung zeigen wird).
Insgesamt sank die Anzahl der Schlachtbetriebe in Bayern auf 1.594, etwa 20 Prozent weniger als 2014.
Antrag: Schlachtstättensterben – rechtzeitig Lösungen entwickeln
Hintergrund:
Immer wieder produzieren Schlachthöfe jeder Größe Tierskandale, sind veraltet und/oder werden zunehmend unrentabel. Die Folge: Immer mehr Schlachthöfe müssen schließen. So wurde jüngst im Dezember 2024 dem Augsburger Schlachthof die Schweineschlachtung untersagt. Zuvor war der Bamberger Schlachthof endgültig geschlossen worden (Juni 2024). Einen Betrieb in Aschaffenburg traf es im August 2023. Seitdem klagt die Stadt auf Räumung. Im Jahr 2024 waren mehrere Schlachtstätten in Bayern von der Schließung bedroht. Der städtische Schlachthof in Bamberg wurde Ende Mai 2024 aufgrund mangelnder Auslastung und hoher Investitionskosten geschlossen.
Außerdem zog sich der Schlachtkonzern Vion aus Deutschland zurück, was Unsicherheiten über die Zukunft der Schlachthöfe in Landshut und Vilshofen verursachte, bevor diese von der Erzeugergemeinschaft Südbayern übernommen wurden. Der Rückzug der VION Food Group, die im Juni 2024 Planungen für Verkäufe und einen Rückzug aus Deutschland mitgeteilt hat, war besonders alarmierend (https://www.vionfoodgroup.com/de/verstaerkter-fokus-auf-benelux-und-weitere-ueberpruefung ) da VION erhebliche Investitionen und damit Verbesserungen im Bereich des Tierwohls umgesetzt hat.