Kultur und Heimat

Jagdmuseum: Unfähig zur Historisierung

Dem Deutschen Jagdmuseum fehlt es an Problembewusstsein im Hinblick auf seine Gründung und die Instrumentalisierung der Jagd durch die Nazis. Das zeigte der auf der Grünen gegebene Bericht durch den Vorstand der Stiftung des Deutschen Jagd- und Fischereimuseums, Prof. Jürgen Vocke, und des Museumsleiters Manuel Pretzl im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst.

10. März 2016

„Für Vocke und Pretzl ist die Jagd ein überzeitliches Phänomen. Weil es die Jagd für sie seit jeher gegeben hat, erübrigt es sich für sie, die Jagd historisch in den Blick zu nehmen und kritisch zu reflektieren, welche Funktion sie in den jeweiligen Epochen hatte und hat“, bemängelte der kulturpolitische Sprecher Sepp Dürr in der Ausschussdiskussion, „damit umgehen sie auch, die Frage nach einer zeitgemäßen Legitimation der Jagd heute zu stellen“.

Nachdem in der Vergangenheit dem Museum immer wieder vorgeworfen wurde, in der Präsentation seiner Sammlung einem unzeitgemäßen, in der NS-Ideologie wurzelnden „Trophäenkult“ zu huldigen und Hirschgeweihe der NS-Verbrecher Hermann Göring und Walter Frevert unkommentiert auszustellen, hatten die Grünen in den letzten Jahren in zwei Anfragen Aufklärung verlangt. Als Reaktion auf die Kritik wurden die inkrimierten Trophäen abgehängt, eine Neukonzipierung der Ausstellung in Angriff genommen und eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte des Museums in Auftrag gegeben. Mit dem Waldlehrpfad wurde ein Teil der Ausstellungsräume inzwischen neu gestaltet. Und die Studie liegt seit wenigen Tagen gedruckt vor.

Faktenreich wird über die Entstehungsgeschichte im Dritten Reich und die Eröffnung 1938 im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg berichtet. Es wird ausgeführt, dass das Museum seine Existenz dem Einsatz des NSDAP-Mitglieds der ersten Stunde und Duzfreunds von Hitler, Christian Weber, verdankt, dieser aber dabei keine politischen Ziele verfolgte, sondern quasi als jagdbegeisterter Privatmann zusammen mit v.a. einer Reihe von unpolitischen Waldbesitzern und Adeligen das Projekt vorantrieb. Verschwiegen wird, dass die Jagd sehr wohl der Ideologie der Nazis diente: Mit den Trophäen großer und starker Wildtiere wollte man die Überlegenheit der eigenen Rasse demonstrieren. Auch die pompösen Feiern und Umzüge zur Eröffnung des Museums geben für den Stellenwert der Jagd für die Nazis ein beredtes Zeugnis ab.

Die Autorin der Studie will ihn nicht erkennen. Damit liegt sie auf einer Linie mit den Museumsverantwortlichen. „Ihr Verständnis der Jagd ist ahistorisch“, so Sepp Dürr. Bezeichnend, dass die Präsentation der Exponate im „Weißen Saal“ seit der Wiedereröffnung des Museums in den 60er Jahren nahezu unverändert geblieben ist und die in den Antworten auf die grünen Anfragen angekündigte Ausstellung „Jagd und Macht“ noch lange auf sich warten lässt, wie Pretzl einräumte. Zunächst müsse der Saal saniert werden, dafür sei aber kein Geld vorhanden.

Positiv immerhin ist, dass das Museum die Provenienz der Exponate klären will. Dazu hat es sich an die Landesstelle für nichtstaatliche Museen gewandt, die ihre Unterstützung zugesagt hat.

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