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NS-Raubkunst: Aufklären statt verschleiern!
Restitutionsverfahren und Rückgaben sofort einleiten
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21. Februar 2025
Unsere Grünen Forderungen:
- Sofortige Einleitung von Restitutionsverfahren und Rückgaben im Sinne der Washingtoner Prinzipien für alle Werke, die laut Erkenntnissen der staatlichen Institutionen gesichert als Raubkunst gelten
- Sofortige Veröffentlichung aller Erkenntnisse der Staatsregierung zu NS-Raubkunst in den eigenen Beständen in der Lost-Art Datenbank
- Einrichten eine Anlaufstelle für Erbinnen und Erben von NS-Verfolgten
Am Mittwoch, 26. Februar 2025, 9.15 Uhr wird unser Antrag ‘Bayern trägt Verantwortung! - Transparenz und Digitalisierung in der Provenienzforschung vorantreiben’ im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst im Bayerischen Landtag, Raum N501, behandelt. Außerdem erwägen wir, in Abhängigkeit der aktuellen Entwicklungen, diese Debatte über einen Dringlichkeitsantrag im Plenum des Bayerischen Landtags zu diskutieren.
Sanne Kurz, Sprecherin für Kultur der Grünen Fraktion
“Der Umfang und die Detailgenauigkeit der Dokumente, die jetzt in der Presseberichterstattung beschrieben werden, überrascht auch mich. Wir hatten die Anliegen und Petitionen mehrerer Hinterbliebenen-Familien eng begleitet und auch mehrere Anfragen zum Bayern-Raubkunst-Komplex gestellt. Dass entscheidende Dokumente seit Jahren unter Verschluss gehalten werden, ist ein Skandal. Dass der zuständige CSU-Minister dann aber sogar in der gemeinsamen Sitzung von Haushalts-Ausschuss und Ausschuss für Wissenschaft und Kunst, selbst auf gezielte Fragen nur abwiegelt – da fragt man sich doch, was eigentlich das Ziel eines solchen Jahrzehntelangen Scharade ist. Wenn mit viel Tamtam die kleinen Fische restituiert werden, sonst aber eigene Forschungsergebnisse unter dem Deckel gehalten werden, dann will man da vielleicht auch vom Grundstockvermögen des Freistaats nichts rauszurücken - egal, ob das illegitim erworben wurde oder nicht."
“Ich erwarte, dass wir als Abgeordnete ebenso wie die Öffentlichkeit umgehend und lückenlos informiert werden über das, was offenbar hier in Bayern in Archiven schlummert oder auch gerne mal umgedeutet wird. Ein Raubunst-Komplex solchen Ausmaßes wird hoffentlich auch dazu führen, dass endlich auch in Bayern mit Anspruchstellerinnen und Anspruchstellern, die seit Jahrzehnten um ihr Erbe kämpfen, nach fairen und gerechten Lösungen im Sinne der Washingtoner Prinzipien gesucht wird – dort steht deutlich: Im Zweifel für Restitution. Für mich ist klar: parlamentarisch beginnt die Aufarbeitung erst.”
Hintergrundinformationen:
Jüngste Recherchen der Süddeutschen Zeitung haben aufgedeckt, dass die Bayerische Staatsregierung seit Jahren Kunstwerke zurückhält, die nachweislich als NS-Raubkunst identifiziert wurden. Rund 200 Werke in den Beständen der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen gelten laut internen Quellen als gesichert belastet, doch an eine Rückgabe an die rechtmäßigen Erbinnen und Erben gibt es bislang keine ernsthaften Bemühungen.
Dabei hat sich Bayern – wie auch der Bund – zu den Washington Prinzipien und der gemeinsamen Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz verpflichtet, die eine Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut vorsehen. Doch anstatt Transparenz zu schaffen, setzt die Staatsregierung auf Verzögerung und Vertuschung.
Auch Staatsminister Blume brüstet sich seit Jahren öffentlich mit dem vorbildlichen Verhalten des Freistaats. In der Realität werden aber nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch die Abgeordneten im Bayerischen Landtag mit unvollständigen oder irreführenden Informationen abgespeist. Im Bericht des Staatsministers für Wissenschaft und Kunst am 4. Dezember 2024 im Bayerischen Landtag sprach der Minister noch davon, dass Restitution in Bayern gelebte Praxis sei – der nun veröffentlichte Pressebericht steht dieser Aussage entgegen. Diese bewusste Vertuschung ist nicht nur ein Affront gegenüber den Nachkommen der einstigen Besitzerinnen und Besitzer, sondern auch ein Bruch mit der historischen Verantwortung Bayerns. Seit Jahren fordern die Grünen im Bayerischen Landtag eine konsequente Restitution von Werken, die als NS-Raubkunst gelten sowie die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen zu Werken, die unter dem Verdacht der Raubkunst stehen.
Übersicht Parlamentarische Initiativen
Anträge
“Bayern trägt Verantwortung! - Transparenz und Digitalisierung in der Provenienzforschung vorantreiben” Drs 19/4743, 30.01.2025
“Bayern trägt Verantwortung! - Unabhängige Anlaufstelle für Nachkommen der Opfer von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut schaffen” Drs 19/4142, 27.11.2024
AzPs
“Provenienzforschung III - Zuständigkeit des Schiedsgerichts” Drs 19/4713, 20.01.2025
“Provenienzforschung II – Stehendes Angebot” Drs 19/4713, 20.01.2025
“Provenienzforschung I – Werden Zwischenergebnisse auf LostArt gemeldet?” Drs 19/4713, 20.01.2025
“Staatsregierung als Vorbild für private Einrichtungen in Restitutionsfragen?” Drs 19/4445, 09.12.2024
“Verzögerung bei der Bearbeitung des Restitutionsersuchens im Fall Alfred Flechtheim” Drs 19/4055, 11.11.2025
“Schärfung der Washingtoner Prinzipien zum 25. Jubiläum - Position der Staatsregierung” Drs 19/744, 11.03.2024
“Umgang mit der neuen Bundesregelung zur einseitigen Anrufung der Beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz” Drs 19/439, 05.02.2024
Schriftliche Anfragen