Medien | Kultur | Sport

„Weitere Stadionverbote sind völlig überzogen“

Landtags-Grüne zum Thema Sicherheit in Fußballstadien

17. Oktober 2024

Mit Blick auf die Konferenz zum Thema „Gewalt im Fußball“ zu der CSU-Innen- und Sportminister Joachim Herrmann eingeladen hat, erklärt Max Deisenhofer, Sprecher für Sport der Landtags-Grünen:

„Gut, dass sich der Bayerische Sportminister mit der Sicherheit in Fußballstadien beschäftigt. Wichtig ist aber auch anzuerkennen, dass der Besuch eines Fußballspiels im Freistaat in aller Regel gefahrlos möglich ist. Drastische Verschärfungen im Umgang mit Fans, wie sie der CSU-Innenminister völlig unvermittelt in Form von weiteren Stadionverboten ins Gespräch bringt, halten wir Grüne für völlig überzogen. Repressive Maßnahmen haben in der Vergangenheit schon keine Erfolge gezeigt – insbesondere nicht im von Minister Herrmann genannten Italien. Obwohl die Zahl der Straftaten in den Stadien über Jahre hinweg weitgehend konstant bleibt, geht die Söder-Regierung bereits einen Sonderweg, lässt fleißig Fan-Daten sammeln und führt parallel zum Bund eine eigene Sport-Delikte-Datei*.

Bei einem Großereignis wie der zurückliegenden EM mag erhöhte Vorsicht nachvollziehbar sein, im normalen Ligabetrieb muss es aber Grenzen geben, auch angesichts des Überstundenbergs bei der Polizei. Wir fordern die Staatsregierung auf, ihren Zahlensalat in Ordnung zu bringen und sich im Sinne der Wahrung der Persönlichkeitsrechte auf die Erfassung der nötigsten Daten zu beschränken. Sie darf nicht ganze Fanszenen unter Generalverdacht stellen. Es braucht keine weiteren Drohkulissen und fragwürdigen Datenspeicherungen, sondern ein respektvolles Miteinander unter allen Beteiligten und einen Ausbau der Stadionallianzen an weiteren Standorten in Bayern.“ 

Hintergrund:

Aus der Antwort auf eine Anfrage der Landtags-Grünen geht hervor: Die Zahl der Straftaten in Stadien liegen zwischen 2018/2019 und 2022/2023 auf einem weitgehend konstanten Niveau (in den Corona-Jahren fanden „Geisterspiele“ ohne Publikum statt). Die Zahl der Ordnungswidrigkeiten hat sich erhöht.

Auffällig ist, dass trotz vergleichbarer Sicherheitslage innerhalb von knapp zehn Jahren doppelt so viele Problemfans kategorisiert wurden. In der Saison 2022/23 ordnete die Staatsregierung 1.759 Fans als solche ein (1.531 Kat. B, gewaltbereit), (228 Kat. C, gewaltsuchend). 2014/2015 waren es in Summe nur 927**.

Hinweis zur Eingruppierung der Fans: Im Sinne der Einsatzvorbereitung und der Prävention führen sogenannte Szenekundige Beamten (SKB) Buch über die Struktur der Fanszene. Bei Fans, die den Kat. B (gewaltgeneigt) oder Kat. C (gewaltsuchend) zugeordnet werden, spricht die Staatsregierung auch von „Problempersonen“. SKB arbeiten in zivil und vereinsübergreifend. Ihre Aufgabe ist es, Informationen über gewaltbereite Fans und geplante Gewaltaktionen im Rahmen von Fußballspielen zu sammeln. 

*2021 wurde durch Grüne Anfragen bekannt, dass die Staatsregierung die Datei Easy GS (EASy Gewalt und Sport) führt. Neben vielen Angaben zur Person wird darin auch erfasst, welche Spiele diese Personen besucht und wo sie sich im Stadion aufgehalten haben. Als Kriterium für die Aufnahme genügt bereits eine sogenannte Individualprognose, wie die Staatsregierung in der Antwort auf unsere Anfragen schrieb. Also ohne, dass der konkrete Verdacht auf eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit besteht. Weitere Informationen hier: Max Deisenhofer - Grüne Anfrage bringt Polizei-Datenbank „EASy Gewalt und Sport“ ans Licht (max-deisenhofer.de)

**Die zugehörigen Anfragen:

https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen/18_0023999.pdf (Drs. 18/23999; Juli/2022) 

https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen/18_0012201.pdf (Drs. 18/12201; April/2021) 

https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP18/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen/18_0003647.pdf (Drs. 18/3647; November 2019)