Bildung | Wissenschaft
Maria 2.0
Frauen diskutieren mit der Presse: Für Demokratische Kirche – Gegen priesterliche Sexualgewalt
22. Juli 2019
In der katholischen Kirche engagierten Frauen ist der Kragen geplatzt: Seit Jahrzehnten laufen ihre Forderungen nach Gleichstellung der Geschlechter in allen kirchlichen Ämtern ins Leere. Frauen sind und bleiben Dienerinnen der männerbündlerischen Kleriker, gleich welcher Rangordnung. Damit muss Schluss sein, sind sich die Frauen sicher und riefen im Mai 2019 in Münster auf, die Initiative Maria 2.0 mitzutragen. Sie fordern eine geschwisterliche Kirche, in der Frauen und Männer, Priester und Laien, gleichberechtigt sind. Eine Gallionsfigur der Bewegung ist Elisabeth Kötter, die als freischaffende Künstlerin ihren gemalten Frauenantlitzen den Mund symbolisch verschließt, zuklebt, zubindet. Sie ist aber auch überzeugte Katholikin, die Maria 2.0 Wort und Stimme gibt. Sowohl bei einer Podiumsdiskussion in Landsberg als auch bei einer Pressekonferenz im Bayerischen Landtag betonte sie, wie rasant sich Maria 2.0 in Deutschland und den Nachbarländern ohne Werbung und Aktivismus ausbreitet, „weil die Zeit reif ist.“ Gabriele Triebel, MdL hat zu den beiden Veranstaltungen eingeladen. Sie stammt aus Kaufering im Landkreis Landsberg und ist Sprecherin für Bildung, Religion und Erinnerungskultur in der Landtags-Grünen.
Anknüpfend an das Landsberger Podium betonte Elisabeth Kötter im Landtag, dass erst die Presse den Begriff „Kirchenstreik“ geprägt habe. Für Sie und viele weitere Frauen sei es kein Streik gewesen, die Frauen wollten für eine Woche der Kirche fernbleiben, um die Lücken zu zeigen, die ihr Fehlen aufreißt. Sie hielt weiter fest, dass die Initiative nicht die Person Mariens thematisiere, sondern das Frauenbild, dem man den Mund verschließt. „Miteinander reden ist so wichtig, klar Text, statt blumiger Umschreibungen“ forderte sie. Und Gabriele Triebel schloss an: „Wir sind katholisch und wir stehen dazu – das geht nur im Dialog auf Augenhöhe.“
Eine demokratische Kirche funktioniere nicht, betonte die Redakteurin Stefanie Steidl, „weil die Kirche monarchistisch-hierarchisch strukturiert ist.“ Auch der vielzitierte Papst Franziskus habe die Männerkirche im Blick und nicht die Frau. Dennoch dürfen wir nicht aufhören, die weibliche Teilhabe in der Kirche einzufordern, Maria 2.0 sei ein gangbarer Weg, berichtete sie eine der Mehrheitsmeinungen vom Landsberger Podium.
Beate Bentele, selbst Redakteurin, zitierte den synodalen Weg, mit dem Kardinal Reinhard Marx bei der Deutschen Bischofskonferenz im Frühjahr in Lingen um Verständnis warb. Der Weg ermögliche eine strukturierte Debatte und werde Formate für offene Debatten schaffen, die eine verantwortliche Teilhabe von Frauen und Männern ermögliche. Marx plädierte für eine Neuausrichtung nach Foren Macht, Partizipation, Gewaltenteilung, das Forum Sexualmoral brachte Bischof Dr. Georg Bätzing und das Forum Priesterliche Lebensform Bischof Dr. Felix Genn ein. Vor Kurzem sei noch das Forum Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche hinzugefügt worden, für das Bischof Dr. Franz-Josef Bode zuständig ist. Auch ein Thema, das beim Landsberger Podium höchst kritisch hinterfragt worden ist.
„Wir begleiten den synodalen Weg nicht“, erklärte auch Elisabeth Kötter, weil Frauen dem Geist der männlichen Selbstermächtigung nicht länger folgen wollen. Frauen, sagte sie vor der Presse, könnten auch ohne Priester und ohne Weihe zusammenkommen und Andachten feiern.
Auch das Thema Missbrauch betonten die Frauen von Maria 2.0 im Landtag und appelierten an die große Verantwortung der Kirche. Ihre Forderungen teilte auch Papst Franziskus in einem offenen Brief vom Februar 2019: Kein Amt für Sexualtäter in der Kirche, selbstverständliche Überstellung der Täter an weltliche Gerichte und uneingeschränkte Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden. Die Kirche dürfe nicht länger vertuschen was in den eigenen Reihen passiert, findet Elisabeth Kötter: „So muss laut und deutlich gesagt werden, liebe Äbtissinnen, verkauft eure Schwestern nicht an die Priester.“
Und auch bei der Demokratisierung „hätte die Kirche die Pflicht, voranzugehen, aber sie tippelt immer und überall nur hinterher“, meint Elisabeth Kötter zum Abschluss eines insgesamt themenreichen, lebhaften Austauschs zwischen Gabriele Triebel und den Frauen vom Landsberger Podium: Elisabeth Kötter Stefanie Steidl und Beate Bentele.