Menschen mit psychischer Krankheit helfen statt diskriminieren
Ob Beinbruch, Herzinfarkt oder Depression – wer krank ist, braucht Unterstützung und gute Behandlung - psychische Erkrankungen bilden hier keine Ausnahme.
20. April 2018
Unsere Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze zum Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG): „Mit diesem Gesetzentwurf werden erkrankte Menschen stigmatisiert und Hilfesuchende von der Inanspruchnahme klinischer Unterstützung abgeschreckt. Im vorliegenden Fall überhaupt von einem ‚Hilfe-Gesetz‘ zu sprechen ist eine Unverschämtheit.“
Das Unterbringungsgesetz von 1992, das die Rechtsgrundlage für Unterbringung von psychisch Kranken regelt, ist verfassungswidrig und muss durch ein neues Gesetz ersetzt werden. Dazu befragte der Landtag zahlreiche Expertinnen und Experten und lud zu runden Tischen und Gesprächen ein. Das Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (Psych-KHG), das die CSU-Regierung nun vorgelegt, zerstört alle Hoffnungen auf ein zeitgemäßes Gesetz, dass die Hilfe für die Betroffenen in den Mittelpunkt rückt und den Willen, die Selbstbestimmtheit und die Unversehrtheit der Patient*innen schützt. Ganz im Gegenteil: Indem die CSU-Regierung auf auf Unterbringung zum Zwecke der Gefahrenabwehr anstatt qualifizierte Hilfe setzt, schränkt sie die Rechte der Betroffenen massiv ein.
Für eine Unterbringung ausschlaggebend sein müsste unter anderem der Nachweis über die Unfähigkeit psychisch Kranker, Gefahr für sich oder für andere zu erkennen, oder nach dieser Einsicht zu handeln - im Gesetzentwurf fehlen jedoch solche Kriterien. Hinzu kommen die inhaltlichen Bezüge des Gesetzesentwurfs zum Bayerischen Maßregelvollzugsgesetz und Verweise auf das bayerische Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz - so rückt die CSU-Regierung Menschen mit psychischer Krankheit in die Nähe von Straftätern.
Wir kritisieren außerdem die vorgesehene Schaffung einer zentralen Unterbringungsdatei, in der persönliche Daten der Betroffenen einschließlich der psychiatrischen Diagnose über Jahre gespeichert und für öffentliche Behörden zugänglich gemacht werden. Der Polizei zu melden, wenn eine Unterbringung beendet wird, soll verpflichtend werden. Das diskriminiert Menschen, deren Unterbringung als Krisenintervention und ausschließlich zur präventiven Gefahrenabwehr erfolgt und die sich keiner Straftat schuldig gemacht haben. An dieser Stelle wollen wir ganz andere Lösungen: ein anonymisiertes Register mit Informationen zu Zwangsmaßnahmen und Zwangsbehandlung.
Das Gesetz wurde von der CSU-Mehrheit in erster Lesung angenommen, eine Anhörung von Expertinnen und Experten ist für den 24. April 2018 geplant. Das Psych-KHG hat eine auffällige Nähe zum Polizeiaufgabengesetzes, denn in beiden Fällen gibt es weitreichende Eingriffe in Freiheits- und Bürger*innenrechte, Datenschutz und Selbstbestimmung werden mit Füßen getreten. Wir Landtags-Grüne leisten im Bayerischen Landtag ebenso wie außerparlamentarisch entschlossenen Widerstand gegen beide Gesetze. Sollte es im Lauf der Beratung keine grundlegenden Verbesserungen geben, werden wir voraussichtlich vor dem Bayerischen Verfassungsgericht klagen, weil wir der Ansicht sind, dass beide Gesetze einen nicht hinnehmbaren Eingriff in die Bürgerrechte darstellen.
Gesetzesentwurf der CSU-Regierung für ein Bayerisches Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz