Jetzt ein Gehörlosengeld einführen!
Teilhabe und Chancengerechtigkeit kostet Geld – wir Grüne unterstützen deshalb die Petition für ein Bayerisches Gehörlosengeld mit einem Antrag
28. November 2019
Teilhabe und Chancengerechtigkeit kostet Geld – wir Grüne unterstützen deshalb die 12.798 Unterstützer*innen der Petition für ein Bayerisches Gehörlosengeld mit einem Antrag an die Bayerische Staatsregierung, dieses durch eine entsprechende Erweiterung des Bayerischen Blindengeldgesetzes endlich umzusetzen.
Für gehörlose und schwerhörige Menschen besteht eine klare Versorgungslücke: aufgrund ihrer Beeinträchtigung fallen für sie im Alltag regelmäßig Mehraufwendungen an – beispielsweise die Anschaffung von optischen Rauchmeldern oder Lichtsignalanlagen. Vor allem aber bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sind sie in der Kommunikation auf Gebärdensprach- und Schriftdolmetscher angewiesen. Die Kostenübernahme hiervon ist beispielsweise in Verwaltungsverfahren, beim Schul- und Hochschulbesuch, Gerichtsverfahren oder bei der eigenen medizinischen Behandlung abgedeckt.
Im privaten Bereich jedoch erfolgt eine Kostenübernahme von Gebärdensprach- und Schriftdolmetschern nur bei besonderen Anlässen. Die Konsequenz: bei alltäglichen Lebensbereichen, die unser gesellschaftliches Miteinander auszeichnen, brauchen Gehörlose kostenpflichtige Übersetzungsdienstleistungen – von der Elternsprechstunde in der Schule bis hin zum Notarbesuch, vom Beratungsgespräch mit dem Waschmaschinenverkäufer bis zum Besuch einer Familienfeier: immer sind gehörlose und schwerhörige Menschen mit einer erheblichen finanziellen Belastung konfrontiert oder müssen verzichten.
Auch im Landtag führt dies zu Herausforderungen: nur unter besonderem Einsatz der Landtagsverwaltung konnte die Kostenübernahme für Gebärdensprachdolmetscher für die Ausschuss-Sitzung kurzfristig zugesagt werden. Betroffene und Verbandsvertreter*innen hatten damit die Möglichkeit, die Diskussion über unseren Antrag vor Ort mitzuerleben.
Diese Beispiele zeigen die Dringlichkeit eines Anliegens, das in Bayern rund 15.000 Menschen betrifft. Und im Hinblick auf unsere alternde Gesellschaft wird das Thema künftig noch an Bedeutung gewinnen. Wir fordern die Staatsregierung seit 2013 und nun auch mit unserem aktuellen Antrag immer wieder dazu auf, das Bayerische Blindengeldgesetz zu einem Blinden- und Gehörlosengeldgesetz weiterzuentwickeln, dort auch Leistungen für Schwerhörige zu verankern und somit insgesamt die gleichberechtigte Teilhabe dieser Menschen an unserer Gesellschaft zu gewährleisten. Kerstin Celina, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion: „Es muss endlich Schluss sein mit dem inzwischen sechsjährigen Zaudern und Zögern zum Nachteil der hörgeschädigten Menschen!“
Dass Bewegung in die Diskussion um die Situation gehörloser Menschen kommt, zeigte die Debatte im Ausschuss: Es wurde vereinbart, sich ausführlich im Rahmen eines Fachgesprächs oder einer Anhörung mit der „Gehörlosigkeit“ im Sozialausschuss zu beschäftigen, um über das Gehörlosengeld hinaus die Situation gehörloser Menschen in Bayern zu evaluieren. „In dem Rahmen werden wir z.B. überlegen, wie wir Gebärdensprachkurse als Wahlfach an Schulen etablieren können, damit einfach mehr Menschen Gebärdensprache lernen. Ein weiteres Thema wird sein, wie wir sicherstellen können, dass Hilfen nicht nur dem betroffenen Gehörlosen zur Verfügung gestellt werden können, sondern auch dem Umfeld. Wenn z.B. hörende Eltern ein gehörloses Kind bekommen, sollte den Eltern natürlich Gebärdensprachkurse angeboten und bezahlt werden, um frühzeitig Kommunikation mit dem Kind zu ermöglichen“, so Kerstin Celina. Bis dahin wird die endgültige Entscheidung über den GRÜNEN Antrag aufgeschoben. „Ich bin sehr zufrieden, denn bis zum nächsten Doppelhaushalt werden wir den gehörlosen Menschen im Landtag ein Forum bieten, ihre Bedürfnisse direkt vorzustellen. Nicht über die Menschen zu reden, sondern mit ihnen, das ist unser Credo. Das haben wir erreicht, und bis zur nächsten Doppelhaushaltsaufstellung wird auch die – hoffentlich positive – Entscheidung über ein Gehörlosengeld fallen“.