Kinderschutz - Grüne Vorschläge
Recht auf Unversehrtheit sicherstellen
16. Oktober 2020
Jedes Kind hat ein Recht auf Schutz vor physischer, seelischer, sexueller Gewalt oder Vernachlässigung. Auch in Bayern wird dieses Recht nicht allen Kindern zuteil. Immer wieder gibt es alarmierende Berichte über Gewalt und Übergriffe. 2019 wurden deutschlandweit so viele Kindeswohlgefährdungen gemeldet wie noch nie seit Einführung der Statistik. In Bayern wurden 2019 knapp 20.000 Fälle von Kindeswohlgefährdungen registriert, ein Plus von vier Prozent zum Vorjahr.
Viele Familien und Alleinerziehende sind oder waren durch die Corona-Krise auf sich allein gestellt. Alltagsstrukturen wie Kita, Schule oder Jugendhaus sind monatelang weggefallen und Hilfe von außen kann oftmals nur eingeschränkt in Anspruch genommen werden. Wenn Risikofaktoren wie Suchtprobleme, psychische Erkrankungen, finanzielle Not oder Überforderung ohnehin schon Familien belasten, trägt die Corona-Krise zu einer weiteren Verschärfung bei. Kinder als schwächste Mitglieder unserer Gesellschaft sind dann oft die unsichtbaren Leidtragenden.
Intensive Expertengespräche in den letzten Monaten haben gezeigt: Mit unseren derzeitigen Kinderschutzstrukturen bewegen wir uns im gesamtdeutschen Vergleich im Mittelfeld. Das liegt zum einen an der mangelnden Mitsprache und Beteiligung unserer Kinder in Bayern. Außerdem ist Kinderschutz als Thema in der Öffentlichkeit unterrepräsentiert und wird oft als Privatsache von Familien eingeordnet.
Für uns Grüne ist klar: Kinderschutz muss oberste Priorität genießen! Wir möchten den Kinderschutz in Bayern weiterentwickeln und bestmöglich aufstellen – damit für alle Kinder in Bayern ein Aufwachsen frei von Angst und Gewalt möglich wird.
Johannes Becher, unser Sprecher für frühkindliche Bildung, hat daher ein Antragspaket zum Schutz von Kinderrechten erarbeitet. Darin bringen wir zehn konkrete Lösungsvorschläge vor, wie wir mit unserem Kinderschutz zum bundesweiten Vorreiter werden und unseren Kindern in Bayern die Sicherheit verschaffen, die sie verdienen.
Damit die Wahrnehmung von Kindern und ihrer Rechte in unserer Gesellschaft gestärkt wird, fordern wir, dass Kinderrechte in die Landesverfassung aufgenommen werden. Damit würde die Bayerische Verfassung den Ansprüchen der UN-Kinderrechtskonvention gerecht. Die im Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freie Wähler vereinbarte Kinderkommission könnte dazu endlich einberufen und beauftragt werden, Kinderrechte in der Verfassung zu verankern.
Durch die Einberufung einer*s unabhängigen Kinderschutzbeauftragten sollen Vorschläge erarbeitet werden, wie die verfassungsrechtlichen Verpflichtungen zu Kinderrechten, -beteiligung und Vorrang des Kindeswohls im Freistaat konkret umgesetzt werden können.
Um ein stärkeres Kinderbewusstsein in der Gesellschaft hervorzurufen, fordern wir eine öffentlichkeitswirksame Kampagne, die den Schutz von Kindern als Aufgabe und Pflicht aller verdeutlicht. Außerdem müssen Kinderschutzstrukturen in Bayern grundlegend evaluiert werden, um zielgerichtete Verbesserungen abzuleiten. Um eine regelmäßige Weiterentwicklung im Kinderschutz sicherzustellen und bestehende Versorgungslücken zu füllen, fordern wir einen bayerischen Kinderschutzreport im Rhythmus von zwei Jahren.
Kindern muss mehr Gehör verschafft werden, vor allem wenn das Kindeswohl gefährdet ist. Der flächendeckende Ausbau von Präventionsprogrammen und deren Finanzierung sowie eine bayerische Kinder-App soll Kindern dazu befähigen, eigenständig Gefahren zu erkennen und Hilfe aufzusuchen. Auch Eltern soll es einfacher gemacht werden, Beratung und Unterstützung bei der Erziehung einzuholen. Dafür muss zuerst Klarheit über Bekanntheit und Inanspruchnahme von bestehenden Familien- und Erziehungsberatungsstellen in Bayern geschaffen werden. Außerdem fordern wir Grünen den Ausbau der psychiatrischen Versorgungsstruktur in Bayern, um psychisch kranken Elternteilen und ihren Kindern passgenaue Hilfe bieten zu können.
Die Aus- und Fortbildung von Fachkräften im Bereich des Kinderschutzes ist ein wichtiger Bestandteil dieser Berufsfelder. Wir Grüne möchten einen Überblick, in welchen Berufen Lücken im Kinderschutz bestehen und diese schließen. Weiter sind Kinderschutz-Konzepte in pädagogischen Einrichtungen gefragt. Dazu ist eine bayernweite Evaluierung notwendig, um bestehende Wissenslücken über Bestand und Umsetzung der Konzepte zu schließen.