Umwelt | Natur

Moore in Bayern

Klimaschutz durch Moore endlich voranbringen

24. Februar 2022

 

"Klimaschutz durch Moore endlich voranbringen" lautet der Titel einer Anhörung, die die Grünen für den Umweltausschuss beantragt haben. Anlass war eine Stellungnahme des Obersten Rechnungshofes, der der Staatsregierung bescheinigte, dass ihr Moorschutz unkoordiniert ist und die selbst gestellten Ziele so nie erreicht werden können.

Dabei wäre Moorschutz eminent wichtig, denn die entwässerten Moore in Bayern tragen mit 5,4 Mio. t jährlich erheblich zur Treibhausgasbilanz bei. Die Entwässerung der Moore ließe sich relativ schnell und relativ preiswert abstellen. Wie das Moormanagement der Staatsregierung verbessert werden kann, erläuterten 10 namhafte Moorexpert*innen, die einen umfangreichen Fragenkatalog beantwortet und im Ausschuss ihre Vorschläge vorgestellt und Fragen beantwortet haben.

Die Expert*Innen betonten unisono, dass die Anstrengungen zum Schutz der Moore deutlich verstärkt und beschleunigt werden müssen, da sie neben der Klimaschutzwirkung auch große Bedeutung für die Biodiversität und den Wasserhaushalt haben. Wichtig dazu ist die Klarstellung, dass Moorschutz eine staatliche Aufgabe werden muss. Wichtig ist ausreichend fest angestelltes Personal, das für die Umsetzung bereitgestellt werden muss. Moorschutz bedeutet gerade bei den Niedermoorflächen neben reinen Naturschutzflächen auch Flächen mit angepasster Nutzung (z.B. Paludikulturen), die entsprechend langfristig gefördert werden muss. Ein Förderinstrument könnten dabei Klimazertifikate sein. Wichtig sind auch Markteinführungsprogramme für neue Produkte aus klimaangepasster Moornutzung.

Unsere Generation ist die letzte, die die Moorrenaturierung angehen und damit diese wertvollen Lebensräume für den Natur-, Klima- und Wasserschutz erhalten kann. Dazu braucht es aber viel größere Anstrengungen seitens aller Ministerien der Staatsregierung. Ein Weg wäre auch ein Moorschutzgesetz, dass diese Ziele verbindlich festlegt und als staatliche Aufgabe definiert.


Als Sachverständige waren eingeladen:

  1. Prof. Dr. Matthias Drösler, Professur für Vegetationsökologie, Forschungsprofessur für Klimawandel und Moor-Ökosysteme, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Institut für Ökologie und Landschaft
  2. Dr. Annette Freibauer, Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für ökologischen Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz
  3. Prof. em. Dr. Dr. h.c. Hans Joosten, Universität Greifswald, Institut für Botanik und Landschaftsökologie
  4. Dr. Ulrich Mäck, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Schwäbisches Donaumoos e. V.
  5. Prof. em. Dr.-Ing. Holger Magel, Technische Universität München, Lehrstuhl für Bodenordnung und Landentwicklung
  6. Dr. Christine Margraf, BUND Naturschutz in Bayern
  7. Dr. Norbert Schäffer, 1. Vorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz
  8. Cornelia Siuda, Gutachterbüro Moorrenaturierung
  9. Dr. rer. nat. Alfred Wagner, Planungsbüro mit Schwerpunkt angewandte Landschaftsökologie
  10. Dr. Ulrich Weiland, Projektleiter des Naturschutzgroßprojektes Allgäuer Moorallianz

Fragenkatalog:
I. Moore und Naturschutz
1. Welche Bedeutung haben die Moore für die bayerische Artenvielfalt?
2. Was für weitere Ökosystem-Dienstleistungen (außer ihrer Funktion als Kohlenstoffspeicher) gehen von intakten Moorböden aus?
3. Wie kann der Naturschutz und die Schaffung von Schwammlandschaften (Landschaftswasserhaushalt zur Prävention von Hochwassern) zur Klimaanpassung bei der Renaturierung der Moore in Wert gesetzt werden?
4. Wie bewerten Sie den naturschutzfachlichen Mehrwert, der sich durch staatliche Rückkaufprogramme und damit einhergehender Eigentumsübertragung von geeigneten Flächen für die Wiedervernässung ergibt?
a) Wie bewerten Sie die Effekte auf die Biodiversität sowie auf den lokalen Wasserhaushalt und den Hochwasserschutz?
b) Wie bewerten sie das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Rückkaufprogramme und wie bewerten sie derartige Rückkaufgeschäfte unter der Maßgabe des verhältnismäßigen Einsatzes von Steuermitteln?

II. Moore und Klimaschutz
1. Welches Einsparpotential in Bezug auf Treibhausgasemissionen bieten die Moore in Bayern? Welche Maßnahmen sind ggf. erforderlich?
2. Wie bewerten Sie den Klimaschutzeffekt im globalen Kontext, der sich durch die Renaturierung der staatlichen Moorflächen ergibt?
3. Wie bewerten Sie den Klimaschutzeffekt im globalen Kontext, der sich durch staatliche Rückkaufprogramme und damit einhergehender Eigentumsübertragung von geeigneten Flächen für die Wiedervernässung ergibt?
4. Welchen realistischen Beitrag kann eine effektive und effiziente Moorrenaturierung zur Treibhausgasminderung pro ha liefern?
5. Wie ist die Kosten-Nutzen Bilanz bei der Einsparung von Treibhausgasemissionen bei Mooren im Vergleich zu anderen Maßnahmen?
6. Wie hoch sind die Kosten für die CO2-Einsparung durch Moorrenaturierung im Verhältnis zu anderen zur Verfügung stehenden Maßnahmen oder Technologien im In- und Ausland?
7. Welche Rolle können Klimazertifikate bei der Moorrenaturierung spielen und welche Voraussetzungen sind dafür erforderlich?
8. Wäre die Einführung eines Vorkaufsrechts für Moorböden notwendig, um die notwendigen Klimaschutzziele zu erreichen?
9. Wäre die Moorrenaturierung bei ungenutzten fremden Moorgrundstücken durch die Sozialbindung des Eigentums aufgrund der Klimarelevanz der Moore prinzipiell gedeckt?
10. Halten Sie Renaturierungsmaßnahmen ohne nachgelagerte Erfolgskontrollen für sinnvoll?
11. Wie können Erfolgskontrollen die Renaturierungsmaßnahmen positiv ergänzen?

III. Wege zum Moorschutz
1. Welche Schwerpunkte müssen grundsätzlich bei Moorrenaturierungen Ihrer Meinung nach gesetzt werden?
2. Welche Datenlage ist für eine landesweite Schwerpunktsetzung in der Moorrenaturierung von Nöten?
3. Wie sollte eine landesweite Priorisierung von renaturierbaren Moorflächen erfolgen und inwiefern kann die (fehlende) Machbarkeit von Renaturierungsmaßnahmen die Priorisierung von Moorflächen beeinflussen?
4. Wie kann bei zersplitterten Grundstücksverhältnissen eine großflächige Moorrenaturierung erfolgreich angegangen werden?
5. Welchen Beitrag kann die Flurneuordnung mit welchen Instrumenten für eine raschere Umsetzung des Moorklimaschutzes leisten?
6. Wären Flurbereinigungen und Flächentausch eine Möglichkeit, die Nutzungskonflikte zu entschärfen und welche Rahmenbedingungen sind hierfür vorhanden bzw. müssten geschaffen werden?
7. Welche Alternativen zum Flächenkauf gibt es um eine Renaturierung der Moorböden zu ermöglichen und einen langfristigen Erfolg sicherzustellen und wie werden diese bewertet?
8. Welche Konflikte sehen Sie zwischen Moorrenaturierungen und Infrastrukturmaßnahmen im ländlichen Raum sowie bei der Entwicklung von ländlichen Raum- und Siedlungsstrukturen?
9. Welche positiven Auswirkungen haben Renaturierungsprojekte auf Kommunen und Regionen?

IV. Moore und ihre land-/forstwirtschaftliche oder energetische Nutzung
1. Welche wirtschaftlich tragfähigen Nutzungsalternativen auf wiedervernässten Moorböden gibt es für die Landwirtschaft?
2. Welche landwirtschaftlichen Moorbewirtschaftungen haben Aussicht auf den höchsten Deckungsbeitrag bei gleichzeitigem Klimaschutz?
3. Welche Fördermöglichkeiten und welche staatlichen Maßnahmen/Rahmenbedingungen gibt es bzw. sind erforderlich und möglich um die Bewirtschaftung von Moorböden klimafreundlicher zu gestalten?
4. Welche Anpassungen in der Agrarpolitik sind notwendig?
Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz Seite 4
5. Welchen Fördermittelbedarf sehen Sie für landwirtschaftliche Betriebe pro Hektar bzgl. der Überführung zu einer moorbodenfreundlichen Bewirtschaftung, besonders hinsichtlich der Schaffung der notwendigen Wasserinfrastruktur und fortlaufender Prämien für reduzierte Wertschöpfungsmöglichkeiten der Landwirte und wie lässt sich dieser Mitteleinsatz bzgl. des Kosten-Nutzen-Verhältnisses im Vergleich mit anderen Klimaschutzmaßnahmen einordnen?
6. Wie können Landwirte möglichst lange zur freiwilligen Teilnahme in Moorschutzprojekten motiviert und wie kann ein vorzeitiges Ausscheiden der Landwirte aus den Fördermöglichkeiten verhindert werden?
7. Wie langfristig müssen Förderprogramme angelegt sein, dass sie für Landwirte attraktive Anreize zur Betriebsumstellung geben?
8. Welche Verwertungsoptionen gibt es für Paludi-Biomasse?
a) Welche sind rentabel, sinnvoll und für Landwirte am attraktivsten?
b) Besteht hier die Notwendigkeit, Förder- oder Forschungsprogramme aufzulegen?
9. In welche konkreten Fördermaßnahmen können die im Einzelplan 8 des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten veranschlagten Mittel (12 Mio €) für die moorverträgliche Bewirtschaftung investiert werden?
10. Wie bewerten Sie die Auswirkungen des „Masterplan Moore“ auf die lokale Forstwirtschaft, Landwirtschaft und heimische Lebensmittelproduktion?
a) Wie groß wäre die Fläche, die der landwirtschaftlichen Nutzung nachhaltig entzogen würde?
b) Welche Effekte würden sich auf den Selbstversorgungsgrad mit regionalen landwirtschaftlichen Erzeugnissen ergeben?
c) Wie bewerten Sie die externen ökologischen, ökonomischen und sozialen Effekte im In- und Ausland, die eine Renaturierung dieser Flächen nach sich ziehen würde?
d) Welche Folgen würden sich für den Energiepflanzenanbau ergeben?
11. Welche Bedeutung könnte der Freiflächen-Photovoltaik zukommen, z.B. als Kombination von Agri-Photovoltaik und Paludikulturen?
12. Wie kann das Klimaeinsparpotential von Moorstandorten im Staats-/Privatwald schneller und besser genutzt werden?

V. Moore auf staatlichen Flächen
1. Wie bewerten Sie den bisherigen Fortschritt bei der Renaturierung der ca. 32.000 ha staatlicher Moorfläche?
2. Wird die Vorbildfunktion des Staates bei der Renaturierung der eigenen Flächen effizient umgesetzt und wo sehen Sie die größten Herausforderungen bei der Renaturierung von staatlichen Moorflächen?
Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz Seite 5
3. Wie werden die Renaturierungsmöglichkeiten der staatlichen Flächen der einzelnen Ressorts bewertet und welche Hemmnisse können ggf. wie überwunden werden?

VI. Moorschutzpolitik der Staatsregierung
1. Wie werden die Ziele der Staatsregierung beim Moorschutz, u.a. das Ziel 55.000 ha Moore zu renaturieren, bewertet?
2. Wie bewerten Sie das Kosten-Nutzen-Verhältnis des „Masterplan Moore“ der Bayerischen Staatsregierung?
3. Wie bewerten Sie den „Masterplan Moore“ hinsichtlich seiner Durchführbarkeit im zeitlichen und räumlichen Kontext?
4. Wie bewerten Sie den „Masterplan Moore“ hinsichtlich möglicher Konflikte mit Vorhaben zur Entwicklung ländlicher Räume?
5. Ist die Beteiligung der Landwirtschaftsverwaltung, der Ämter für Ländliche Entwicklung und der Wasserwirtschaftsverwaltung an der Umsetzung der Bayerischen Moorschutzstrategie ausreichend und welche Anpassungen wären erforderlich um deren Beiträge zu steigern?
6. Welche Maßnahmen und welche personellen Voraussetzungen braucht es um die Renaturierung von 55 000 ha Moorflächen bis 2040 zu erreichen?
7. Sind die Ziele der Staatsregierung zur Moorrenaturierung angesichts der bisher verfehlten Ziele zu hoch angesetzt?
8. Entsprechen die vom Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz angegebenen Mittel zur Moorrenaturierung (7,9 Mio. Euro für 135ha) einem angemessenen Mitteleinsatz?
9. Welche weiteren Grundlagen und Maßnahmen wären nötig, um über das 55 000 ha Ziel hinaus eine Klimaneutralität der bayerischen Moore bis 2040 zu erreichen?
10. Wie sollte der Freistaat Bayern die Bereitschaft privater Grundeigentümer und landwirtschaftlicher Betriebe steigern, ihre Flächen für Moorschutzprojekte zur Verfügung zu stellen und ggf. auf moorschonende Nutzungsformen umzustellen?
11. Wo sehen Sie die größten Hürden, die sich durch staatliche Rückkaufprogramme und damit einhergehender Eigentumsübertragung von geeigneten Flächen für die Wiedervernässung ergeben?
12. Wie kann die bisherige Förderungspolitik der Staatsregierung ihrer Ansicht nach verbessert werden?
13. Wie könnte ein schlüssiges Gesamtkonzept für die bayerische Moorschutzpolitik aussehen?