Umwelt | Natur
Bayern muss beim Wasser handeln
Folgen der Klimaüberhitzung für die Wasserwirtschaft - Anhörung von Sachverständigen im Landtag
24. März 2023
Die Grünen forderten im Umweltausschuss des Landtages eine Sachverständigenanhörung zu durch die Klimaüberhitzung auf Bayern zukommenden Veränderungen in der Wasserwirtschaft.
Trockenperioden mit massiv zurückgehenden Grundwasserpegeln, plötzliche Starkregenereignisse, die den Hochwasserschutz vor ganz neue Herausforderungen stellen und ein stark gestiegener Bedarf an sauberem Trinkwasser stellt die Wasserwirtschaft vor ganz neue Herausforderungen.
Prof. Dr. agr. Karl Auerswald von der TU München fordert die Wasseraufnahmefähigkeit der Böden zu verbessern, dazu sind die Reduzierung der Bodenverdichtung durch zu schwere Landmaschinen nötig und eine bessere Bodenbedeckung, die die Infiltration fördert. Er spricht von einem landnutzungsbedingten Klimawandel durch die industrielle Landwirtschaft, der die Wirkungen der Klimaüberhitzung verstärkt. Durch das Entfernen von Hecken und Säumen und die Drainage von Flächen verstärkt man die Entwässerung der Agrarflur gegenüber natürlichen Verhältnissen um das Sechsfache.
Starkregengefahrenkarten und ein entsprechendes Risikomanagement fordert Dr.-Ing. Bernhard Böhm von der DWA. Dazu braucht es eine Standardisierung und Rechtssicherheit für eine Veröffentlichung, da damit auch der Wert von Grundstücken beeinflusst wird. Um die Starkregenrisiken zu minimieren, braucht es einen Paradigmenwechsel im Landschaftswasserhaushalt. Technischer Hochwasserschutz alleine reicht nicht aus. Es braucht zusätzlich Rückhalt in der Fläche und ein entsprechendes Flächenmanagement. Eine wasserbewusste Stadtentwicklung muss in der Fläche und nicht nur durch einzelne Pilotprojekte umgesetzt werden. Auch in der Stadt ist Regen zu wertvoll und darf nicht nur so schnell wie möglich durch die Kanalisation geleitet werden.
Dr. Christine Margraf vom Bund Naturschutz stellt ebenfalls die Bodenfunktionen Aufnahme- und Speicherfähigkeit sowie Reinigung des Regenwassers als wichtige Punkte heraus, die verbessert werden müssen. Auch sie spricht von einem Umdenken, aus der Flurbereinigung muss eine Flurbereicherung werden zugunsten eines besseren Landschaftswasserhaushaltes. Mehr Personal in der Verwaltung führt dabei nicht zu mehr Bürokratie, sondern zu mehr Bürgernähe.
Prof. Dr.-Ing. Markus Disse von der TU München kritisiert die Planungen des Umweltministeriums Trinkwasser aus dem Bodensee nach Franken zu bringen. Es sei keine Lösung Wasser vom Süden in den Norden zu pumpen. Es braucht eher viel kleine Bottom-up-Ansätze zur Verbesserung der Situation und zum Regenrückhalt vor Ort. Mit einem besseren Wasserrückhalt in der Fläche sei hier mehr zu erreichen.
Neben der Grau- und Regenwassernutzung sollte auch dem Wassersparen mehr Aufmerksamkeit zukommen, wurde vor Prof. Dr.-Ing. Jörg Drewes von der TU München gefordert. Gerade Industriewasserrecycling sei kein Standortnachteil.
Zu lange Verfahrenszeiten und zu geringe Flächenanteile bei Wasserschutzgebieten kritisierte Ann-Katrin Behnisch von der VBEW. Eine Aufweichung der Vorgaben für den Trinkwasserschutz wie derzeit von der Söder-Regierung beim Landesentwicklungsprogramm geplant, lehnt sie strikt ab.
Patrick Friedl, Sprecher der Landtags-Grünen für Klimaanpassung, resümierte aus der Anhörung:
- Klimaüberhitzung ist ein ressortübergreifendes Thema, das wir gemeinsam und solidarisch angehen müssen und das die gesamte Bodennutzung umfasst.
- Durch die wachsende Versiegelung, Verdichtung und die Entwässerung der Landschaft durch oft rein ökonomisch orientierte Vorgaben hat sich die Situation deutlich verschärft und
- die wasserbewusste Entwicklung von Wald- und Landbewirtschaftung, der wassersensible Umbau unserer Städte und Gemeinden und Regenrückhalt in der Fläche sowie möglichst weitgehende Regen- und Grauwassernutzung sind das Gebot der Stunde.