Umwelt | Natur
Erfolge des Volksbegehrens sind gefährdet
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13. Februar 2025
„Beim Artenschutz kann man nicht eben mal eine Pause machen“
Vor sechs Jahren haben sich fast 1,8 Millionen Menschen für das Volksbegehren „Artenvielfalt und Naturschönheit ‚Rettet die Bienen‘“ engagiert. Es war ein beispielloser Erfolg in Bayern. Dennoch sind die Ziele aus dem Volksbegehren auch 2025 noch nicht erreicht. Zudem ist die aktuelle Haushaltssperre der Staatsregierung von 15 Prozent fatal für die kontinuierliche Umsetzung etlicher Maßnahmen bzw. die Etablierung zusätzlicher Projekte, die zur Erreichung der Volksbegehren-Ziele wichtig sind. Landespflegeverbände und Naturschutzorganisationen mahnen bereits, dass die Finanzierung vielerorts gefährdet ist.
Patrick Friedl, Sprecher für Naturschutz und Klimaanpassung, sagt: „Beim Artenschutz kann man nicht mal eben eine ‚Pause‘ machen, nur weil die Prioritäten im Haushalt im Moment woanders liegen. Wenn eine Tier- oder Pflanzenart nicht lückenlos weitergeschützt wird, dann ist sie im schlimmsten Fall weg, bis ein Projekt fortgeführt wird. Darum ist das Spardiktat für den Umweltetat besonders fatal. Der zuständige Minister Glauber hätte das erkennen und Schutzvorkehrungen treffen müssen.“
Aus der Antwort auf eine Grünen-Anfrage geht hervor, dass die gesamten bayerischen Artenhilfsprogramme derzeit im Feuer stehen – weitergeführt werden sollen demnach „die wichtigsten“. Diese Artenhilfsprogramme dienen dazu, die Population von Arten, die in Bayern vom Aussterben bedroht oder stark gefährdet sind, zu schützen und beispielsweise das Überleben von Feldhamster und Wiesenweihe zu sichern. Diese Programme sind ein elementarer Bestandteil der bayerischen Biodiversitätsstrategie von 2008, deren gesetzliche Umsetzung durch das Volksbegehren erreicht wurde.
Patrick Friedl: „Bei Artenhilfsprogrammen lässt sich nicht einfach mal schauen, was relevant genug ist, damit es fortgeführt wird. Das ist keine Umweltpolitik, sondern ein Ausverkauf, den Bayerns Natur so schnell nicht verzeihen wird!“
Dazu kommt: Bereits jetzt wurde Deutschland vom Europäischen Gerichtshof wegen unzureichender Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie bei den Flachlandmähwiesen und den Bergwiesen verurteilt. Ein weiteres Vernachlässigen des europäischen Naturschutzrechts kann zu weiteren Klagen bis hin zu Strafzahlungen führen.
Eine Antwort auf eine weitere Anfrage der Landtags-Grünen (Tabelle Landschaftspflege) zeigt: Für 2025 wurden Auszahlungen für Maßnahmen im Bereich Naturschutz und Landschaftspflege vorübergehend beschränkt. Beispielsweise in Niederbayern betrifft das derzeit 14 Anträge auf Zuwendungen von insgesamt rund 450.000 €.
Das ist aus mehreren Gründen dramatisch:
Mit dem Stopp der Fördermittel liegen vielfach kurzfristige Projekte auf Eis. Das trifft zahlreiche Landwirtinnen und Landwirte, die in Abstimmung mit Landschaftspflegeverbänden (LPV) Einzelmaßnahmen wie Pflegearbeiten übernehmen. Nicht wenige haben sich mit Aufträgen im Bereich Naturschutz ein wichtiges Standbein aufgebaut, auf das sie zählen. Nun stehen diese Projekte auf der Kippe.
Die Arbeit der Landschaftspflegeverbände (LPV) ist zudem wichtig für die Umsetzung von Maßnahmen aus dem Volksbegehren Artenvielfalt „Rettet die Bienen“. So übernahmen sie beispielsweise die Mitarbeit bei der im Artikel 19 des Bayerischen Naturschutzgesetzes festgelegten Biotopvernetzung. Auch hier ist kontinuierliche Arbeit unerlässlich, damit Natur sich dauerhaft regeneriert und Arten nicht verschwinden. In Unterfranken gibt es derzeit massive Einschränkungen beim Feldhamsterschutz, einer durch die FFH-Richtline geschützte Art.
Patrick Friedl: „Wir Grüne fordern, dass Ministerpräsident Söder und Umweltminister Glauber die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Naturschutz und Landwirtschaft mit ihren Sparmaßnahmen nicht weiter gefährden. Unsere Landwirtinnen und Landwirte müssen verlässlich planen können und die bayerischen Artenschutzprogramme müssen vor einem Zusammenstreichen bewahrt werden – dieser Bereich braucht keine schlechtere, sondern eine bessere finanzielle Ausstattung.“
Daher setzen sich die Landtags-Grünen dafür ein, die aktuell klaffende Lücke von rund 18 Millionen Euro zu schließen. Gemessen an vielen anderen Ausgaben der Staatsregierung ist das nicht viel, aber das Fehlen des Geldes wird flächendeckend zur Gefahr, wenn den Landschaftspflegeverbänden und Naturschutzorganisationen das Geld für den Erhalt unserer schönen Landschaft und Arten in Bayern ausgeht.
Johannes Becher, Erster stellvertretender Fraktionsvorsitzender, macht klar:
„Die Staatsregierung ist gerade schleichend, in kleinen Schritten dabei, zentrale Erfolge aus dem Volksbegehren Artenvielfalt zu kassieren. Mit seiner Rasenmäher-Sparpolitik tritt Markus Söder so nicht nur den Willen der Bürgerinnen und Bürger mit Füßen, er stößt auch die Kommunen und Landkreise vor den Kopf, schafft zusätzliche Bürokratie und sägt gleichzeitig an einem wichtigen Standbein, das sich die Landwirtschaft aufgebaut hat. Für uns Grüne ist klar: Auch in Zeiten weniger voller Staatskassen bleibt die Verantwortung der Politik bestehen, Natur zu schützen und landwirtschaftliche Betriebe und unsere bayerische Kulturlandschaft zu erhalten. Die Staatsregierung muss die notwendigen Mittel bereitstellen, um die gesetzlich verankerten Ziele des Naturschutzes und die Vereinbarungen des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" zu erfüllen!“
Hinweis:
Zu den Grünen-Forderungen wird im Umweltausschuss demnächst ein Antrag der Landtags-Grünen behandelt.
Termin im Zusammenhang mit diesem Thema:
Am Donnerstag, 20. Februar 2025, ab 9.15 Uhr berichtet Staatsminister Glauber zu den Mittelkürzungen im Umweltausschuss und nimmt Stellung. Angekündigt ist ein „Bericht des StMUV zum Vollzug der Landschaftspflege- und Naturpark-Richtlinien (LNPR) in 2025, insbesondere zur finanziellen Ausstattung der Landschaftspflegeverbände (LPV)“. Die Landtags-Grünen erwarten hier Antworten auf die Frage, wie es mit der Finanzierung der Landschaftspflegeverbände weitergehen soll.