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Hochwasserschutz-Pakt Bayern - Oberösterreich

Sechs Maßnahmen für den Hochwasserschutz: Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen in Bayern, und Stefan Kaineder, Landesrat und Landessprecher der Grünen in Oberösterreich, unterzeichnen Bündnis.

12. August 2024

Hochwasser macht an Grenzen nicht halt. Mit Blick auf die klimabedingte Zunahme von Starkregen halten die bayerischen Landtags-Grünen und der oberösterreichische Landesrat für Umwelt- und Klimaschutz eine wesentlich engere Zusammenarbeit zwischen Bayern und Oberösterreich für dringend geboten. Bei einem Treffen in der Grenzstadt Passau am Montag, 12. August 2024, unterzeichnen Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen, und Stefan Kaineder, Landesrat von Oberösterreich für Umwelt- und Klimaschutz und Landessprecher der Grünen Oberösterreich, am sogenannten Dreiflüsseeck einen „Hochwasserschutz-Pakt Bayern - Oberösterreich“. 

Sie fordern darin wirksame Maßnahmen gegen Hochwassergefahren – auch, um negative Auswirkungen in Oberösterreich aufgrund nicht ausreichender Schutzmaßnahmen auf bayerischer Seite zu reduzieren. Denn deren Ausgestaltung hat direkte Auswirkungen auf die Nachbarregionen. Bereits im Juli dieses Jahres hatte sich Landesrat Stefan Kaineder deshalb gemeinsam mit Landeshauptmann Thomas Stelzer mit einem Schreiben an Bayerns Ministerpräsident Söder gewandt. 

 

Die sechs Forderungen des „Hochwasserschutz-Pakt Bayern - Oberösterreich“ im Überblick: 

Mehr Vorsorge statt immer wieder Nachsorge: Wasserrückhalt in der Fläche fördern

Hochwasser-Vorsorge muss Vorrang bekommen. Wir wollen das Wasser dort in der Landschaft halten, wo es vom Himmel kommt. Wenn es erst in die Bäche und Flüsse abfließt, dann gefährdet es unsere Dörfer und Städte. Nachhaltiger Wasserrückhalt in der Landschaft ist wichtig, um solche Abflüsse zu reduzieren und eine Versickerung in der Fläche zu fördern. Wenn Wasser an Ort und Stelle versickern kann, trägt das außerdem positiv zur Steigerung der Grundwasserkörper bei. 

Statt Entwässerung der Landschaft brauchen wir daher sogenannte Schwammlandschaften, die viel Wasser aufnehmen können: Wälder, natürliche Wiesen, wiedervernässte Moore, poren- und humusreiche unverdichtete Böden oder Hecken – sie alle können den Wasserrückhalt deutlich verbessern. Das gespeicherte Wasser hilft uns auch gegen Trockenheit in den Sommermonaten und ist zudem gut für den Arten- und Biotopschutz. Darüber hinaus hilft es bei der CO2 -Speicherung.

Den Flüssen mehr Raum geben 

Viele ehemalige Überschwemmungsflächen an Flüssen sind über Jahrzehnte verlorengegangen. Das Wasser muss wieder Platz bekommen („Breitwasser statt Hochwasser”). Nur wenn Gewässer wieder ausreichend Platz haben, erreichen wir eine langfristige Lösung der Hochwasserproblematik. Beim Bau von Rückhaltebecken gibt es die Chance, die Flüsse wieder ihrem natürlichen Zustand näher zu bringen. 

Wir brauchen die Renaturierung der Zuflüsse und Auen, die Wiederherstellung ehemaliger Flussschleifen, die Wiederanbindung der Auen an den Fluss. Auch die Schaffung landschaftlicher Strukturen, Deichrückverlegungen, wo möglich (mit Entschädigungsregelung analog Thüringen), und die Sicherung von dauerhaftem Bewuchs (also Untersaat) und Wiesen können helfen. Neben der Reduzierung von Hochwasserspitzen dienen diese Maßnahmen auch der deutlichen Verlangsamung von Hochwasserwellen. Denn: Extrem schnell ansteigende Pegel reduzieren die Zeit für Schutzmaßnahmen. 

Oberösterreichs Wasserwirtschaft hat den Weg für eine nachhaltige Wasserzukunft längst beschritten. Damit verbessert sich zugleich auch der ökologische Zustand der heimischen Gewässer. An der Traun etwa wurde dem Fluss ein Teil seiner Natürlichkeit zurückgegeben. Dort wurden Augebiete geschaffen, die bei Starkregen als natürliche Überschwemmungsräume dienen und extreme Wassermengen puffern können. An der Salzach wurden auf einer Länge von drei Kilometern die Uferverbauungen entfernt und die Salzach um etwa zehn Meter aufgeweitet. Weitere sechs Kilometer sollen folgen.

Retentionsräume spielen eine wichtige Rolle: Flächen, die bei Hochwasser überschwemmt werden und so den Flüssen den nötigen Raum zum Ausufern geben. Können die Flüsse nicht übertreten, führt dies auch zu einer Verschärfung des Hochwasserrisikos für Unterlieger – das sind Regionen oder Orte, die unterhalb eines bestimmten Punktes in Fließrichtung des Flusslaufs liegen bzw. ansässig sind (im Gegensatz dazu gibt es Oberlieger, die sich oberhalb dieses bestimmten Punktes befinden). 

Gemeinsame Grundsätze beim Hochwasserschutz in Bayern und Oberösterreich sind uns wichtig. Wir müssen dem ökologischen Hochwasserschutz deutlich mehr Gewicht geben. Auch die Heranziehung landwirtschaftlicher Flächen spielt eine wichtige Rolle für den Hochwasserrückhalt: durch rechtlich festgesetzte Überschwemmungsgebiete, auf denen landwirtschaftlicher Betrieb möglich ist, die aber zugleich für den Ernstfall als Rückhalteräume zur Verfügung stehen. Im Nutzungsfall bzw. bei Ertragseinbußen werden die landwirtschaftlichen Betriebe dann entsprechend entschädigt bzw. gefördert. Dass ein solcher Hochwasserschutz umsetzbar ist, zeigt das größte Rückhaltebecken Österreichs Krems-Au in Oberösterreich. 

Mehr Geld, mehr Tempo: Verdopplung des Hochwasserschutzetats 

  Der Freistaat Bayern muss die finanziellen Mittel für den Hochwasserschutz verdoppeln – und damit auch die Geschwindigkeit. Die Ansätze für das Hochwasserschutz-Aktionsprogramm sind zwar von 2016 bis 2025 um 26 Prozent gestiegen (auf 183 Mio. Euro). Die Baupreise im gleichen Zeitraum allerdings eher um 40 Prozent. Anfang des Jahres wurden Hochwasserschutzbauten beispielsweise in Roding und Regensburg aus finanziellen Gründen gestoppt, andere Maßnahmen wurden verschleppt. 

Wenn es um den Schutz von Menschen und deren Eigentum geht, müssen vor allem mit Blick auf künftige Hochwasserereignisse mehr Mittel aufgewendet werden. Etwa 80 Prozent der im bayerischen Finanzhaushalt bereitgestellten Mittel werden in den technischen Hochwasserschutz investiert. Vorrang bei der Finanzierung müssen künftig ökologische Hochwasserschutz-Maßnahmen haben.

Bodenschutz ist der beste Hochwasserschutz: Mehr Grün, weniger Beton und Asphalt

In Asphalt und Beton kann kein Wasser versickern. Ein Quadratmeter gesunder Boden hingegen kann eine Badewanne voll Wasser aufnehmen. Wir wollen die Speicherfähigkeit des Bodens in der Landschaft wiederherstellen und die Versiegelung der Landschaften endlich wirksam eindämmen. Versiegelte Böden können kein Wasser zwischenspeichern, so dass ein Großteil des Niederschlags direkt in die Kanalisation oder in Flüsse fließt. Bei Starkregen steigt der Wasserstand schnell an. Entsiegelung statt Versiegelung muss die Devise sein, dann verfügt Bayern auch wieder über mehr aufnahmefähige Böden.

Hierfür brauchen wir ein Entsiegelungs-Programm, das wirklich einen Anreiz schafft. In Bayern wurde seit 2018 etwa so viel bzw. so wenig entsiegelt, wie an einem Tag Fläche verbraucht wird: 11,3 Hektar (Förderinitiative „Flächenentsiegelung“, BayLT-Drs. 19/2992). Wir müssen Bayerns Flächenverbrauch von über 12 Hektar pro Tag (Stand 2022) deutlich reduzieren. Wie in Bayern wächst auch in Österreich der Flächenverbrauch schneller als die Bevölkerung. Die Baulandreserven in Oberösterreich sind mit 12.000 Hektar so groß wie die bebaute Fläche Wiens, und dennoch werden weiter fruchtbare Böden als Bauland gewidmet. Pro Oberösterreicher*in sind bereits knapp 300 Quadratmeter versiegelt. 

EU-Renaturierungsgesetz umsetzen 

Die Renaturierungsverordnung ist eine Versicherung gegen Naturkatastrophen. Sie ist das wichtigste EU-Naturschutzgesetz und bringt die dringend nötigen Maßnahmen zur Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme. Das gilt auch für Bayern: Zwar hat der Freistaat einige Maßnahmen bereits angekündigt oder angestoßen, allerdings geht es nur schleppend voran. Die EU-Renaturierungsverordnung wird diese Projekte beschleunigen – etwa das Hochwasserschutzprogramm Isar 2020, die Sanierung der Unteren Salzach (im Bereich Lebenau zwischen Laufen und Fridolfing), Maßnahmen an der Iller (von der Mündung bis nach Aitrach, Gemeinschaftsprojekt von Bayern und Baden-Württemberg), das Projekt Licca liber – die Stabilisierung des Lechs zwischen Staustufe 23 und der Mündung in die Donau oder auch die Renaturierung von 2000 Hektar im Donaumoos (die Markus Söder ursprünglich zwar versprochen, aber nie umgesetzt hat). 

Die Renaturierungsverordnung sorgt dafür, dass Flüsse in ihren natürlichen Zustand versetzt, dass Wälder aufgeforstet und Moore wiedervernässt werden. Sie ist die Sicherung dieser vielfältigen stabilen Ökosysteme und schützt uns vor Dürre, Hochwasser und Muren. Sie sorgt für unsere Lebensgrundlage. Eine intakte Natur ist die Grundlage unserer Gesellschaft. Renaturierungsmaßnahmen und Bodenschutzziele sind unsere wertvollste Versicherung gegen den Klimawandel – und damit gegen Hochwasserereignisse. 

Mehr Personal für die Hochwasserschützer vor Ort: Wasserwirtschaftsämter stärken 

Die 17 Wasserwirtschaftsämter (WWAs) in Bayern kümmern sich vor Ort um aktiven Hochwasserschutz. Sie sind Wächter des Wassers und seit Jahren personell auf Kante genäht. Wir fordern 100 zusätzliche Stellen an den bayerischen WWAs – ab sofort. Mittelfristig muss der Personalstock wieder auf das Niveau von 1996 steigen (Jahr 1996: 2996 Stellen, Jahr 2020: 2148). Denn: Wasserrückhalt, Wassersicherheit, Regenerierung des Landschaftswasserhaushaltes und Hochwasserschutz werden in den nächsten Jahren immer wichtiger werden, dafür muss entsprechendes Personal bereitgestellt werden. 

 

Statement von Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bayerischen Landtag:

 „Ein Dreiklang aus vorbeugen, schützen und absichern – Bayern muss beim Thema Hochwasserschutz endlich mehr machen! Wir müssen technischen und ökologischen Hochwasserschutz zusammendenken, es braucht mehr Geld, mehr Personal und mehr Tempo, wenn wir die Bürgerinnen und Bürger wirksam vor künftigen Starkregenereignissen schützen wollen. Denn eins ist klar: Starkregenereignisse werden durch die Klimakrise zunehmen.” 

„Hochwasser sind kein Schicksal, das wir einfach so hinnehmen müssen. Wir können etwas dagegen tun. Es ist die Verantwortung der Staatsregierung, die Menschen, ihr Zuhause und Eigentum zu schützen – wenn es um Grenzregionen geht, auch in enger Abstimmung mit Bayerns Nachbarländern.“ 

„Hochwasser und seine verheerenden Folgen stoppen nicht an Landesgrenzen. Es ist untragbar, dass die Verzögerung oder das Fehlen von ausreichenden Hochwasserschutzmaßnahmen auf bayerischer Seite sich negativ auf die Hochwassersituation in Österreich auswirken kann. Eine Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen den beiden Ländern ist entscheidend, um sicherzustellen, dass Maßnahmen auf beiden Seiten der Grenze rechtzeitig und effektiv umgesetzt werden. Ich erwarte von Markus Söder, dass er hier seiner Verantwortung gerecht wird und besser mit Österreich kooperiert.“

Statement von Stefan Kaineder, Landesrat für Umwelt- und Klimaschutz und Landessprecher der Grünen in Oberösterreich:

„Hochwasserschutz in Bayern hat direkte Auswirkungen auf die Nachbarregionen, insbesondere auf Oberösterreich. Denn unsere Flüsse machen nicht vor den Landesgrenzen Halt und können große Einzugsgebiete überschwemmen. Versäumnisse und falscher Hochwasserschutz können schwerwiegende Folgen haben. Aus oberösterreichischer Sicht geht es vor allem darum, dass Bayern Hochwasserschutzmaßnahmen trifft, die zu einer Verringerung des Hochwasserrisikos für Unterlieger führt und mehr Retentionsflächen schafft – also vor allem in den ökologischen Hochwasserschutz investiert. Dazu bin ich gemeinsam mit Landeshauptmann Thomas Stelzer im Juli an Ministerpräsident Markus Söder herangetreten.“ 

„Viel zu lange haben wir Flüsse und Bäche in enge Korsette gezwängt. Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass dies der falsche Weg ist und wir ihnen ihre Natürlichkeit zurückgeben müssen. Das hat einerseits ökologische Vorteile für Flora und Fauna, andererseits ist ein renaturierter Fluss mit genügend Platz auch ein effektiver Hochwasserschutz. 

Die Auswirkungen des Klimawandels sind bereits durch zunehmende Extremereignisse − Trockenperioden und Starkregen − sichtbar. Dies führt zu fallenden Grundwasserständen, häufiger austrocknenden Bächen und häufigeren Hochwasserereignissen. In unseren Siedlungsgebieten wurde und wird durch Flächenversiegelung und die damit verbundene Abflussverschärfung massiv in den natürlichen Wasserkreislauf eingegriffen. Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, dieses anfallende Niederschlagswasser möglichst sorgsam in den natürlichen Wasserkreislauf zurückzuführen.“ 

„Die Herausforderungen, vor denen Bayern und auch Oberösterreich bei der Bewältigung von Hochwässern stehen, sind im Wesentlichen gleich gelagert. Die Betroffenheit kann im Einzelfall unterschiedlich sein, wie das heurige Jahr gezeigt hat. Die Vergangenheit hat aber auch gezeigt, dass es nicht viel braucht, dass eine Katastrophe zu einer grenzüberschreitenden Katastrophe anwächst. Umso wichtiger wird es sein, in Zukunft abgestimmte Strategien zu entwickeln und Maßnahmen zu setzen, die ineinandergreifen, sich ergänzen. Um dies zu schaffen, gibt es Einrichtungen wie die Gewässerkommission, in deren Rahmen sehr erfolgreich auf fachlicher Ebene gearbeitet werden kann, zur Abstimmung und zum Austausch.“

 

Hintergrundinformationen: 

Bayern und Oberösterreich sind gute Nachbarn – und gute Nachbarn achten für gewöhnlich aufeinander. Mit in die Zukunft gerichtetem Blick und in guter Nachbarschaft sprechen wir darüber, wenn bei unseren Anrainern Gefahren bestehen, die an der Grenze nicht Halt machen. Eine eng verschränkte Zusammenarbeit zwischen Bayern und Oberösterreich beim Hochwasserschutz ist deshalb unerlässlich. 

Wir betonen: Oberösterreich braucht besseren Hochwasser-Rückhalt in Bayern – und es kann gleichzeitig Vorbild sein: Denn mit den umgesetzten Renaturierungen und dem zuletzt fertiggestellten größten österreichischen Rückhaltebecken in Krems-Au beweist das Land, dass Hochwasserschutz und ökologische Aufwertung Hand in Hand gehen können. Das Rückhaltebecken Krems-Au schützt tausende Menschen im Kremstal vor den Auswirkungen von Hochwässern. Beim Bau wurde die Chance genutzt, Hochwasserschutz und eine verbesserte Ökologie zu verbinden. So wurde großer Wert auf die ökologische Baubegleitung gelegt, damit das Bauwerk nicht nur Schutzcharakter hat, sondern auch der Umwelt einen Mehrwert gibt. 

Generell müssen wir dem ökologischen Hochwasserschutz deutlich mehr Gewicht geben, denn: Die Klimakrise wird immer stärker spürbar. Sie schwappt als braune Brühe in den Keller, spült das Auto weg oder steht knietief im Wohnzimmer. Viele Menschen in Bayern sind betroffen, das führt zu großem Leid und immensen Schäden. Viele Menschen leben in der Nähe kleiner Bäche und Flüsse, Millionen in Deutschland und Österreich im Einzugsgebiet großer Flüsse wie der Donau. 

Die Hochwasserkatastrophe im vergangenen Juni hat gezeigt: Die Klimakrise kommt uns teuer zu stehen. Im schlimmsten Fall bezahlen Menschen mit dem Leben. Sechs Tote in Bayern und Baden-Württemberg sind die schlimme Bilanz. Die finanziellen Schäden in den beiden Bundesländern belaufen sich nach Schätzungen deutscher Versicherer auf rund zwei Milliarden Euro. Im Einsatz waren über 80.000 Kräfte aller Katastrophenschutz-Organisationen, davon mehrheitlich Ehrenamtliche der Freiwilligen Feuerwehren. Allein das THW Bayern stellte mehr als 3000 Helferinnen und Helfer. Die unermüdlichen Ehrenamtlichen pumpten mehrere Millionen Liter Wasser ab, befüllten Zehntausende Sandsäcke und filtrierten Millionen Liter Öl-Wasser-Gemisch. Hintergrund dazu: Ein Drittel der Heizungen in Bayern laufen mit Heizöl, anteilig mehr gibt es deutschlandweit nur im Saarland. Viele Öltanks sind schon älter und nicht gegen Hochwasser gesichert. Zum Beispiel wurden im Landkreis Pfaffenhofen rund 250 Keller mit Öltanks überschwemmt. Rund 200 davon hatten Ölschäden. Verseuchtes Wasser und eine geschädigte Bausubstanz der Häuser sind die Folge. 

Wir können den Einsatzkräften diese Belastungen teilweise von den Schultern nehmen: Vorsorge statt immer wieder Nachsorge muss endlich das Handeln leiten. Das bedeutet: Bayern muss beim ökologischen Hochwasserschutz, sprich: bei Renaturierungen, ordentlich an Tempo zulegen. Zwar sind aktuell einige Projekte auf den Weg gebracht, aber es geht viel zu langsam voran. Der Grund: Teils ist zu wenig Geld dafür im Haushalt eingestellt, aber vor allem sieht die Söder-Regierung die Priorität vor allem bei Flutpolder-Projekten – und weniger bei Renaturierungs-Projekten. Die Folge: Das knapp bemessene zuständige Personal in den Behörden (Wasserwirtschaftsämter) kümmert sich vorrangig um Polder-Projekte. 

Dabei müsste mittlerweile jedem klar sein: Renaturierungen helfen den Menschen in Bayern viel schneller und besser als Flutpolder. Denn diese Maßnahmen sind zum einen zügiger umsetzbar als der Bau von Poldern, welche erst in 20 bis 30 Jahren fertiggestellt sein werden. Zum anderen zeigen Renaturierungen verlässlich bei jedem Hochwasser Wirkung – und nicht nur bei Jahrhunderthochwassern (worauf Polder ausgelegt sind). Fazit: Die Menschen in Bayern brauchen zusätzlich zu den technischen Lösungen eine schneller umsetzbare und gleichzeitig sehr verlässliche Maßnahme – und das sind Renaturierungen. (Hintergrund: Viele Flusstäler in Österreich und Deutschland wurden mit zunehmender Industrialisierung und steigendem Besiedelungsdruck reguliert und die Flüsse im Wortsinn einbetoniert.) 

Ökologischer Hochwasserschutz hat noch einen weiteren Vorteil: Er schafft zusätzlich Freizeit- und Erholungsflächen und Bademöglichkeiten an Flussufern. Und er hat einen übergreifenden Effekt: Wenn etwa im Donau-Einzugsgebiet in Schwaben Wasser versickert oder zurückgehalten wird, hilft das auch den Donau-Anliegern in der Oberpfalz, Niederbayern oder Oberösterreich.  

Weiterer wichtiger Aspekt beim Hochwasserschutz: Der in Bayern und Österreich zunehmende Bodenverbrauch und die weitere Verbauung bereits gewidmeter Flächen führen zu einem weiteren Verlust von versickerungsfähiger Fläche. Dabei ist Bodenschutz der beste Hochwasserschutz. 56 Prozent der Böden in Oberösterreich können sehr große Mengen Wasser speichern. Ein Quadratmeter dieser Böden kann die Menge einer vollen Badewanne (240 Liter Wasser und mehr) zwischenspeichern. Werden solche Böden versiegelt oder überbaut, verlieren sie diese Leistungsfähigkeit. Die Folgen können Hochwasser und überflutete Häuser und Felder sein.