Umwelt | Natur
Landtags-Grüne zum 30-Mio-Bäume-Programm von Markus Söder
Statement vom 09.07.2024
09. Juli 2024
Statement der Landtags-Grünen zu Markus Söders Ankündigung vor fünf Jahren, 30 Millionen Bäumen in Bayern pflanzen zu wollen. Wie steht es darum? Und reicht diese Zahl überhaupt aus?
Die Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen, Katharina Schulze, erklärt dazu:
„Die Zahl klingt erst mal nach viel. Schaut man sich das dann aber genauer an, merkt man: Es reicht nicht für den nötigen Waldumbau, damit unsere Wälder für die Zukunft fit werden. Nötig wären deutlich mehr Bäume. Und das Interessante ist ja: Normalerweise würde die Natur das ganz von allein regeln. Aber in Bayern läuft auf Seiten der Söder-Regierung so viel schief, dass unser Wald immer mehr kaputtgeht. Das ist wirklich dramatisch. Zusammengefasst kann man sagen: Das 30-Millionen-Bäume-Programm von Markus Söder ist nicht mehr als ein Pflaster für den schwerkranken Patienten Wald.“
Schätzungen zufolge brauchen Bayerns Wälder anstatt 30 Millionen eher 30 Milliarden neue Bäume, damit der Waldumbau gelingt. Diese Bäume können jedoch nicht allein von Menschenhand gepflanzt werden.
Deshalb gilt: „Worum sich die Söder-Regierung jetzt sehr dringend kümmern müsste, ist, dass der Wald die Chance bekommt, sich von selbst zu erneuern. Die Natur bringt dafür alles mit – es gibt in vielen Wäldern ausreichend Samen und junge Pflänzchen, die zu gesunden Bäumen heranwachsen könnten. Allerdings liegt hier die Betonung auf könn-ten! Denn in Bayern haben wir die Herausforderung, dass es zu viel Wild gibt. Und das knabbert mit Vorliebe diese zarten kleinen Bäumchen an – und macht sie damit kaputt. Das einzige, was hier hilft, ist, den Schalenwildbestand zu reduzieren. Aber die Söder-Regierung kümmert sich einfach nicht drum – und trägt damit die Verantwortung für das große Waldsterben in Bayern. Da helfen auch 30 Millionen Bäume nicht viel“, so Katharina Schulze.
Die Landtags-Grünen haben daher einen Antrag auf Änderung der Jagdzeiten in Bayern gestellt. Hintergrund der Grünen-Forderung ist die immer früher beginnende Vegetationszeit aufgrund des Klimawandels: dies führt dazu, dass die Bäume früher austreiben und das Wild für die Jäger*innen aufgrund des dichten Blattwerks in der Folge schwieriger zu sehen und damit zu bejagen ist. Zudem wird das Rehwild durch den Klimawandel früher im Jahr aktiv – auch deshalb müssen die Jagdzeiten angepasst werden. Darüber hinaus fordern die Landtags-Grünen eine zusätzliche zusammenhängende Jagdpause von zwei Monaten im Sommer, damit das Wild künftig echte Ruhephasen hat und nicht permanentem Jagddruck ausgesetzt ist.
Mia Goller, Sprecherin für Wald der Landtags-Grünen, erklärt dazu: „Wir müssen die Jagdzeiten schleunigst anpassen, weil sich wegen der Klimaerhitzung auch die Vegetationszeiten ändern. Kein Jäger muss damit früher auf die Jagd gehen – er kann das aber tun, wenn es in seinem Revier nötig sein sollte. Unser Konzept für eine zusammenhängende zweimonatige Schonzeit verbessert zudem den Tierschutz.“
Allerdings verhindert die aktuelle Jagdpolitik der Staatsregierung regelrecht den dringend notwendigen Waldumbau hin zum klimatoleranten Wald: Denn seit dieser Legislaturperiode ist der Bereich Jagd im Ministerium von Hubert Aiwanger angesiedelt – ein Fehler, der sich jetzt deutlich zeigt: Denn Wirtschafts- und nun auch Jagdminister Aiwanger ist gegen eine Änderung der Jagdzeiten. Ministerin Kaniber hingegen, deren Haus bisher für das Thema Jagd zuständig war, hatte laut CSU-Kreisen ursprünglich positive Signale diesbezüglich gesendet.
Mia Goller erklärt dazu: „Der Wald wird hier zum Bauernopfer bei den Zugeständnissen an die Freien Wähler im Koalitionsvertrag. Es geht nicht, dass die Ressorts nach den persönlichen Interessen der Minister zugeschnitten werden. Markus Söder und sein Kabinett legen es geradezu darauf an, dass unsere bayerischen Wälder kaputtgehen.“
Fakt ist: Schon seit dem Jahr 2005 ist im bayerischen Waldgesetz der Grundsatz „Wald vor Wild“ verankert. Die Staatsregierung müsste daher eigentlich alles in die Wege leiten, um eine nachhaltige Aufforstung zu klimastabilen Wäldern zu ermöglichen. Auch im neuen Waldpakt der Staatsregierung von 2023 ist festgehalten, dass die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglicht werden soll. Das bayerische Jagdgesetz würde eine Anpassung der Jagdzeiten jederzeit ermöglichen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Waldverjüngung sind die Eichelhäher in Bayern: Sie transportieren Tausende von Eicheln kilometerweit und sorgen so für eine natürliche und üppige Aussaat in den Wäldern. Das macht den Eichelhäher auch finanziell wertvoll: Bei einem Pflanzpreis von zwei Euro pro Eiche stellt jeder Eichelhäher einen Gegenwert von mindestens 1000 Euro und mehr pro Jahr dar. Allerdings ist Bayern das einzige Bundesland in Deutschland, in dem Eichelhäher geschossen werden dürfen. Im Umkehrschluss bedeutet das: Durch die Jagd auf den Eichelhäher entgeht dem Wald in Bayern die Aussaat von etwa 30 bis 50 Millionen Bäumen pro Jahr. Für den Freistaat bedeutet das umgerechnet – geschätzt – einen Schaden von rund 11 Mio. Euro pro Jahr.
Warum ist die Verjüngung unserer Wälder und der Umbau hin zu einem klimatoleranten Wald so dringlich?
Der Wald sichert einen großen Teil unserer wichtigsten Lebensgrundlagen: Er liefert die Luft, die wir atmen, er speichert Kohlenstoff und reguliert das Klima, schützt vor Sonne und zu viel Hitze, filtert unser Wasser im Boden, schützt vor Hochwasser und Erosion, ist der Lebensraum vieler wertvoller Pflanzen und Tierarten, Rohstofflieferant und vieles mehr. Doch der Klimawandel – Hitze und Trockenheit – setzen bereits jetzt vielen heimischen Bäumen zu. Stehen die Bäume unter Stress, haben auch Schädlinge leichtes Spiel. Das Problem wird sich weiter verschärfen. Deshalb muss der Umbau unseres Waldes hin zu einem klimatoleranten Wald – mit Bäumen und Gehölzen, die mit den Klimaveränderungen besser zurechtkommen – deutlich beschleunigt werden.